Der Schriftsteller Salman Rushdie wendet sich gegen Zensur und die Verbannung von Büchern etwa von Lehrplänen.
Hamburg – Der Schriftsteller Salman Rushdie wendet sich gegen Zensur und die Verbannung von Büchern etwa von Lehrplänen. „Es ist völlig legitim, eine Abneigung zu hegen und die auch zu artikulieren. Es ist nicht in Ordnung, dem Gegenstand meiner Abneigung das Existenzrecht abzusprechen“, sagte Rushdie im „Spiegel“-Interview (Samstag). „Sie können die Menschen nicht vor Verletzungen schützen. Sie mögen ein Buch nicht? Lesen Sie es nicht! Sie mögen ein Buch nicht? Schreiben Sie ein Buch!“
Buchläden seien voll mit Dingen, die ihn selbst beleidigten, sagte Rushdie, der kürzlich den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels erhalten hat. So beleidigten ihn die Romane von Dan Brown. „Es käme mir aber nicht in den Sinn, sie unterdrücken zu wollen. Warum stehen in Buchhandlungen wohl so viele Bücher? Damit Sie sich jene aussuchen können, die Sie mögen – und nicht jene lesen müssen, die Sie nicht mögen.“
Seinen Studierenden sage er: „Es bedeutet rein gar nichts, für die freie Rede von Leuten einzutreten, mit denen sie einverstanden sind. Die Verteidigung der Meinungsfreiheit beginnt dort, wo sie sich für Leute einsetzt, mit denen sie nicht einer Meinung sind“, betonte Rushdie. Das sei erst der Anfang: „Der eigentliche Kampf wird dort geführt, wo sie Leute verteidigen, deren Meinung sie sogar verabscheuen.“
Es wachse eine Generation heran, die in Empörung und Gekränktheit ihre zentralen Konzepte gefunden habe, so der 76-Jährige. „Eine Generation, die es sich unendlich leicht macht.“ Es sei viel bequemer, jemanden zum Schweigen zu bringen, als ihn zu konfrontieren und argumentativ zu überzeugen. „Die Universität sollte ein Ort bleiben, an dem junge Menschen herausgefordert werden müssen.“
1989 hatte der iranische Revolutionsführer Ajatollah Khomeini Rushdie mit einer Fatwa zum Tode verurteilt und Rushdies Roman „Die satanischen Verse“ verdammt. Jahrelang lebte der Autor unter Polizeischutz in verschiedenen Verstecken. Im August 2022 wurde Rushdie in den USA auf offener Bühne mit einem Messer angegriffen. Er ist seitdem auf dem rechten Auge blind.