Nicht nur ein Ort der Trauer

Friedhofsgärtner und die Propsteigemeinde St. Augustinus in Gelsenkirchen haben eine digitale Führung über den katholischen Altstadtfriedhof entwickelt.
Nicht nur ein Ort der Trauer

Propst Markus Pottbäcker und FGG-Geschäftsführer Andreas Mäsing (r.) präsentierten die App. Foto: Olejniczak

Gelsenkirchen – Andreas Mäsing, Geschäftsführer der FGG Friedhofsgärtner Gelsenkirchen, ist ein passionierter Wanderer und Radfahrer – und als solcher auch Nutzer der Navigations-App Komoot. Die App wurde dafür entwickelt, Laufstrecken, Wander- oder Fahrradtouren zu planen und mit Hinweisen auf Sehenswürdigkeiten rechts und links des Weges, zu bereichern. Eben solche Sehenswürdigkeiten finden sich auch auf Friedhöfen. Und diese lohne es als Orte der Kultur und Orte des Klima- und Naturschutzes, die es zu entdecken, sagt der Gartenbauingenieur.

Was Andreas Mäsing allerdings stört, ist die Stille. Damit meint er nicht nur die sprichwörtliche Totenstille, sondern eine von ihm so empfundene „Funkstille“, die auf Friedhöfen herrsche. Dem will er entgegenwirken, weil er den Friedhof für einen Ort der Lebenden hält, der „von vielen tausend Menschen gestaltet“ worden sei. Kommunikation auch auf dem Friedhof ist ihm wichtig. Besonders gestaltete Grabstätten wie das von sieben Besatzungsmitgliedern eines britischen Bombers aus dem Zweiten Weltkrieg oder auch das Sammelgrab der Propstei St. Augustinus, in dem auch der 1942 im Konzentrationslager Dachau ermordete Vikar Heinrich König bestattet wurde, erzählen Geschichte.

Friedhofskultur ist Kulturerbe

Die katholische Propsteigemeinde St. Augustinus ist als Trägerin des Friedhofs an dem Projekt beteiligt. Propst Markus Pottbäcker freut sich über den Anreiz, den Friedhof zu entdecken. Ursprünglich seien Friedhöfe außerhalb der Stadt gelegen, und auch wenn dieser Friedhof nun mitten in der Stadt liege, sei er immer noch ein „ungewöhnlicher Ort“.  Aber, so der Propst, der Friedhof sei „nicht nur Ort der Trauer.“ Die Komoot-Tour biete nun die Möglichkeit, die Geschichte der Stadt über einen biographischen Zugang zu entdecken, und Andreas Mäsing ergänzt: „Viele Menschen, die die Stadt geprägt haben, liegen auf dem katholischen Altstadtfriedhof begraben.“

Seit 2020 ist die Friedhofskultur in Deutschland immaterielles Kulturerbe der Unesco. Sie zeichnet sich dadurch aus, dass die Gräber in Parklandschaften eingebettet und als kleine Gärten der Erinnerung gestaltet sind, informiert eine Broschüre des „Kuratoriums Immaterielles Erbe Friedhofskultur“ das sich für den Schutz dieses Kulturerbes einsetzt. In Gelsenkirchen wird diese Kultur auf besondere Art gepflegt. Es existieren mittlerweile für acht Friedhöfe digitale Führungen, die bei Komoot eingestellt sind, zum Beispiel auch auf dem Hauptfriedhof in Buer. Die acht Touren sind überdies auch noch durch eine Fahrradtour miteinander verbunden.

Ein „Kleinod“

Der Altstadtfriedhof ist in dieser Reihe ein „Kleinod“, so Andreas Mäsing. Nicht nur weil es besonders viele Informationen über ihn gibt – es gibt zwei Broschüren, die Auskunft über Friedhof und Grabmäler geben –, sondern auch „weil er top gepflegt ist.“ Ihn begeistert zudem, dass der Friedhof ein „Ort der ökologischen Vielfalt“ ist. Er weist auf die vertrockneten Stängel einer wilden Orchidee, des Schmalblättrigen Ständelwurz‘, hin, die auf einer Grabstelle stehen.

Bei Interesse an der digitalen Führung über den Friedhof, kann über die Internetseite der FGG oder einen am Friedhofseingang hängenden QR-Code die Tour aufgerufen und in der Komoot-App geöffnet werden. Die App funktioniert wie ein Navigationsgerät und zeigt an den über 20 Stationen die passenden Informationen. Der Weg ist dann etwa anderthalb Kilometer lang und in 30 Minuten zu gehen. Nutzerinnen und Nutzer von Komoot können darüber hinaus auch eigene Fotos und Informationen in der Tour ergänzen. Ein Nutzer der App hat sich auch schon interessiert gezeigt und ein eigenes Foto hochgeladen.

mo

Die Tour lässt sich unter der Adresse https://fuehrungen.fgg-online.de/katholischer_altstadtfriedhof-ge aufrufen.