Oberhausen machte den Anfang für das Ruhrbistum: Die Stadtkirche lud zum Werkstatt-Gespräch „Christlich leben, mittendrin“ ins sozialkulturelle Zentrum Altenberg.
Oberhausen – Wie wollen wir in Zukunft unseren Glauben und seine Werte leben? Mit dieser Frage beschäftigten sich am 22. Juni in Oberhausen 150 interessierte Menschen, die aus allen Generationen und nicht nur aus den örtlichen Pfarrgemeinden kamen. Stadtkirche und Bistum hatten zum Werkstattgespräch ins Sozialkulturelle Zentrum Altenberg eingeladen.
„Diesen gut angebundenen Veranstaltungsort hinter dem Oberhausener Hauptbahnhof haben wir bewusst gewählt, weil ihn jeder in Oberhausen kennt und wir auch jene einladen wollten, die nicht zum Kern der Kirche gehören und deshalb eher hierhin als in eine ihnen unbekannte Pfarrkirche kommen“, erklärte Projektleiter Georg Meder.
Energiegeladen und ideenreich
Die Werkshalle der ehemaligen Zinkfabrik, die seit 1982 Bürgerbegegnungsstätte ist, unterstreicht den Werkstattcharakter des vierstündigen Forums. Das kommt der Arbeits- und Gesprächsatmosphäre in den 14 Workshops sehr zugute. Auch das leibliche Wohl der Teilnehmenden kam in den Pausen nicht zu kurz – und gab ihn immer wieder neue Energie für die drei Workshoprunden.
„Verantwortung in der Gesellschaft“, „Kultur in der Kirche“, Gottesdienste feiern“ und „Nachhaltigkeit“ – so lauteten nur einige der engagiert und ideenreich diskutierten Themenfelder. Auch wenn mit Blick auf die Ziellinie 2034 diskutiert wurde, waren sich alle einig, dass die katholische Kirche, die während der letzten 25 Jahre die Hälfte ihrer Mitglieder verloren hat und heute noch 67.000 vom 210.000 Oberhausenerinnen und Oberhausenern stellt, keine Zeit mehr für schöne und ferne Zukunftsszenarien hat, sondern sehr gegenwärtig an ihren Problemen arbeiten muss – um heute und morgen nicht nur in Oberhausen gesellschaftlich relevant zu bleiben. „Wir dürfen nicht länger eine Kirche der Moralapostel sein“, lautete eine der Forderungen. Und eine andere: „Die Kirche muss ein offener, einladender und diskriminierungsfreier Raum für alle Menschen guten Willens werden, in dem alle wertgeschätzt werden und ihre Talente einbringen können.“ Auch müsse sich die Kirche „auf weniger Standorte konzentrieren, ihre Kräfte bündeln, um schöne Orte mit Ausstrahlungs- und Anziehungskraft zu schaffen, die von Menschen gerne aufgesucht werden“.
Kirche zeige sich nicht in Gebäuden, sondern in Menschen, die den christlichen Glauben leben und weitergeben, zum Beispiel in der persönlichen Lebens- und Trauerbegleitung. Dazu gehört auch, dass die Kirche als Caritas „Anwältin der sozial benachteiligten Menschen, des sozialen Zusammenhaltes, der Solidarität und des Friedens“ sein, werden und bleiben müsse. Die Teilnehmer wünschten sich Kirche als verlässlichen Partner, etwa im Kulturbereich, um Gemeinschaft zu stiften und Orte der Begegnung zu schaffen, an denen Menschen Orientierung, Halt und Lebenssinn finden die in der individualisierten Gesellschaft zunehmende Einsamkeit überwinden können.“
Für den Oberhausener Stadtdechanten André Müller zeigte das erste lokale Forum, dem im Ruhrbistum weitere folgen sollen, dass „wir nicht der heilige Rest sind“. Es gibt immer noch viele Menschen, die Bock darauf haben, Kirche positiv und zeitgemäß zu verändern, weil sie wissen, dass wir auch in einer pluralen und säkularen Gesellschaft subsidiär im Sinne des Christentums als Sauerteig wirken können und müssen“, so Müller.
Bedürfnis nach Religiosität und Transzendenz
Auch Oberbürgermeister Daniel Schranz, selbst katholischer Christ, sieht die gesellschaftliche Aufgabe der christlichen Kirchen darin, „alle Menschen guten Willens einzuladen und stark zu machen, die christliche und humanitäre Werte mit uns teilen und leben wollen.“ Kirchenvorstandsmitglied, Monika Lux, aus der Pfarrgemeinde St. Joseph fühlte sich an diesem Werk- und Projekttag „in meiner eigenen Motivation vor allem durch die vielen jungen Menschen ermutigt, die sich heute die Zeit genommen haben, um darüber nachzudenken, welche Kirche wir jetzt und in Zukunft sein wollen.“
Und der Vorsitzende des Stadtkatholikenrates, Thomas Gäng, bezeichnete das Forum „Christlich leben, Mittendrin“ als ein Zeichen für die gesellschaftliche „Sichtbarkeit der Kirche“ und für das nicht nur unter den katholischen Christen gewachsene Bewusstsein, „dass wir alle zusammen Kirche und damit ein wichtiges Element für das friedliche Zusammenleben in unserer Stadt sind, in dem wir mit der frohen christlichen Botschaft das menschliche Bedürfnis nach Religiosität und Transzendenz befriedigen.“