Im Vorfeld der Wahlen in Venezuela zeichnet das Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat ein düsteres Bild von den Umständen unter denen die Wahl stattfindet.
Essen – Im Vorfeld der Wahlen in Venezuela zeichnet das Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat ein düsteres Bild von den Umständen unter denen die Wahl stattfindet. „Wer das Wort Demokratie in den Mund nimmt oder schreibt, wird mundtot gemacht.“ Der Leiter des Bereichs Ausland beim Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat, Thomas Wieland, berichtet von einer nahezu umfassenden Selbstzensur venezolanischer Journalisten aus Angst vor Repressionen und Verhaftungen im Vorfeld der Präsidentschaftswahlen am 28. Juli. Das Regime von Präsident Nicolás Maduro habe das Land vollständig militarisiert. Angst und Schrecken halten den Nachfolger des charismatischen Hugo Chávez aktuell noch fest im Sattel. „Die Wahlbeteiligung wird trotzdem überragend sein. Denn alle Seiten, vor allem auch die Kirchen, rufen dazu auf, zur Wahl zu gehen“, erklärt Thomas Wieland.
Das Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat steht nach eigener Aussage mit der Kirche als einziger Institution, der das Volk noch vertraut, an der Seite der Menschen. Die Hilfe umfasst Lebensmittel, Medikamente, aber auch den Unterhalt von mehr als 6.000 kirchlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Wie das Hilfswerk berichtet, kümmern sie sich um Bildung, Gesundheitsversorgung und Infrastruktur, weil der Staat vollständig ausfällt. „Wir liefern Medikamente, weil sie für die Menschen unbezahlbar sind. Wir bauen Gesundheitsposten auf, weil die staatlichen nicht mehr vorhanden sind. Wir fördern den Bau von Solaranlangen, weil die Stromversorgung regelmäßig ausfällt. Wir bezahlen Lehrerinnen und Lehrer an kirchlichen Schulen, während an staatlichen Schulen nur noch an zwei Tagen in der Woche so etwas wie Unterricht stattfindet“, fasst Adveniats Ausland-Chef Thomas Wieland zusammen.
Obwohl der Kandidat der Opposition, Edmundo González in den Umfragen deutlich führt, sind die Aussichten auf einen Wahlsieg höchst fraglich, erklärt Adveniat in seiner Mitteilung. Internationale Beobachter gehen unisono von massiver Manipulation durch das Regime aus. Die EU-Wahlbeobachter sind ausgeladen. Da González unter Hugo Chávez sogar Botschafter in Argentinien war und somit als Chavist gilt, war es für das Regime von Nicolás Maduro schwierig in abzulehnen. Beruft er sich doch selbst darauf, das chavistische Projekt fortzuführen.
„González ist jedoch nur auf Druck der Nachbarländer als Kandidat der Opposition zugelassen worden“, sagt der Adveniat-Experte Thomas Wieland. Brasilien und Kolumbien – wo heute schon viele der insgesamt acht Millionen Venezolanerinnen und Venezolaner leben, die vor dem Regime geflüchtet sind – befürchten einen erneuten Exodus. „Drei bis vier Millionen Menschen sitzen in Venezuela auf gepackten Koffern“, bestätigt Thomas Wieland diese Sorge.
Auch die USA haben Druck auf Maduro ausgeübt, wenigsten einen „Ersatz-Kandidaten“ zuzulassen, nachdem die Oppositionspolitikerin Maria Corina Machado von den Wahlen ausgeschlossen worden war, die bei ihren Veranstaltungen Massen anzieht, wie es dem Regime schon lange nicht mehr gelingt. Ansonsten wären auch die Sanktions-Ausnahmen beim Erdöl beendet worden, die Venezuela finanziell etwas Luft verschaffen.
„Es wird keine Revolution geben“, dämpft Thomas Wieland jegliche Erwartungen. Denn an jeder Straßenecke patrouillierten Polizei oder Militär und auf sämtlichen großen Straßen des Landes reihe sich ein militärischer Kontrollposten an den nächsten. Und selbst ein Wahlerfolg der Opposition würde zunächst kaum etwas ändern. „Ein Wahlsieger Edmundo González hätte das ganz System gegen sich. Denn Militär, Polizei, Justiz, Wahlbehörde, Parlament, kurzum: Alles ist auf Maduro und den Macherhalt zugeschnitten“, so der Leiter des Bereichs Ausland beim Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat.