Bischof Gerber erinnert an Schicksal der Jesiden

Als Vertreter für die Deutsche Bischofskonferenz nahm Bischof Michael Gerber an der Gedenkveranstaltung zum zehnten Jahrestag des Genozids an den Jesuiten im Nordirak teil.
Bischof Gerber erinnert an Schicksal der Jesiden

Bischof Dr. Michael Gerber / Foto: Bistum Fulda

Vor zehn Jahren, am 3. August 2014, begann der sogenannte „Islamische Staat“ im nordirakischen Sindschar mit der Verfolgung und Ermordung der Jesiden. Durch die Terroristen wurden Tausende von Menschen verschleppt und ermordet, Jungen als Kindersoldaten missbraucht, Frauen und Mädchen vergewaltigt und versklavt. Der Völkermord führte zu einer beispiellosen Fluchtbewegung. Noch in der Phase des bis 2017 wütenden IS-Terrors sprach der Heilige Stuhl von einem Genozid. Am 19. Januar 2023 erkannte der Deutsche Bundestag das Verbrechen an den Jesiden als Völkermord an.

„Das grausame Schicksal der Jesidinnen und Jesiden führt uns vor Augen, was es bedeutet, wenn Menschen das Menschsein abgesprochen wird, welcher Abgrund sich auftut, wenn die Menschenrechte mit Füßen getreten werden. Wir alle … stehen in der Pflicht, das Gedenken an die Opfer mit einem klaren Handlungsauftrag zu verbinden: Die Überlebenden des Völkermords haben Anspruch auf unsere Solidarität. Und: Keine Anstrengung ist zu groß, um Menschenrechte zu schützen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu verhindern. Das dürfen wir gerade in Zeiten der Krise nicht vergessen.“ Mit diesen Worten hat heute (3. August 2024) der stellvertretende Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, der Fuldaer Bischof  Michael Gerber, an den Beginn des Genozids an den Jesiden vor zehn Jahren im Irak erinnert. Er sprach, wie die Deutsche Bischofskonferenz mitteilte, bei einer Gedenkveranstaltung des Zentralrats der Jesiden in Deutschland, die in Frankfurt am Main stattfand.

In seiner Rede erinnerte Bischof Gerber an die „unbeschreiblichen Gräueltaten“, die an der jesidischen Bevölkerung begangen wurden: „Als Weihbischof in Freiburg stand ich persönlich im Austausch mit jesidischen Frauen, für die katholische Klöster zu Zufluchtsorten wurden. Die Berichte von ihren Leidenswegen gehen mir bis heute nahe.“ Nachdem der Deutsche Bundestag vor anderthalb Jahren die Verfolgung der Jesiden als Völkermord anerkannt hat, müssten jetzt weitere Schritte folgen, so Bischof Gerber, damit Jesidinnen und Jesiden auch künftig konkrete Unterstützung erfahren: „Dazu bedarf es nicht zuletzt einer gesteigerten Sensibilität für die ausgesprochen schwierige Situation, in der sich die jesidischen Gläubigen – und auch weitere religiöse Minderheiten im Irak – nach wie vor befinden. Als Christen haben wir eine besondere Sensibilität für heilige Orte und deren bleibende, konstitutive Bedeutung für eine Glaubensgemeinschaft. Daher ist es eine Verpflichtung, auch dafür Sorge zu tragen, dass die jesidische Glaubensgemeinschaft an ihrem angestammten Ort … eine Zukunftsperspektive hat.“ Bischof Gerber fügte hinzu: „Wir dürfen die Menschen nicht einer Situation existenzieller Bedrohung ausliefern. Deshalb bleibt auch die Unterstützung jesidischer Geflüchteter an ihren heutigen Lebensorten bedeutsam.“

Bei der Gedenkveranstaltung rief Bischof Gerber auch die historische Reise von Papst Franziskus in den Irak im März 2021 in Erinnerung, bei der dieser betont hatte, „dass die Geschwisterlichkeit stärker ist als der Brudermord, dass die Hoffnung stärker ist als der Tod, dass der Friede stärker ist als der Krieg“. In Deutschland sei es ein gutes Zeichen, dass sich mittlerweile an vielen Orten eine lebendige jesidische Gemeinschaft entwickelt habe. „Ich darf Ihnen, liebe jesidische Gläubige, heute erneut die Solidarität der katholischen Kirche versichern. Machen wir uns gemeinsam dafür stark, dass nicht weitere Fäden ausgerissen werden, sondern neue Bande geknüpft werden können – in Deutschland ebenso wie im Irak“, fügte Bischof Gerber hinzu.