Ohne Erklärung

Otmar Alt stellt Bibel im Lutherforum vor.

Gladbeck. Kunst, die man erklären muss, ist langweilig, so lautet der Leitgedanke des Künstlers Otmar Alt. Ein Gedanke, der seine Motive und auch seinen gesamten Lebensstil geprägt hat. So sagt der 75-Jährige ganz offen, bei der Präsentation seines neuen Werks im Lutherforum in Gladbeck: „Wenn du Erfolg haben will, muss du dich oft vorführen lassen, wie ein Hund!“ Dass hat der mehrfach ausgezeichnete Künstler indes nicht mehr nötig, alleine an diesem Abend hören rund 80 Personen gebannt zu.

„Die Erschafftung der Welt“, eines der 140 Motive in der Otmar Alt-Bibel.Bild: Otmar-Alt-Stiftung

„Die Erschafftung der Welt“, eines der 140 Motive in der Otmar Alt-Bibel. Bild: Otmar-Alt-Stiftung

In 140 Motiven zeigt Alt seine Interpretation des Alten und Neuen Testaments. Dabei wird jeweils die im Bild dargestellte Bibelsstelle zitiert und anschließend von einem Theologen für die moderne Zeit aufbereitet und interpretiert. Hinzu kommen noch ein paar Worte von Alt selbst, der sich zwar auf die Bibelstelle, aber nicht auf sein Bild bezieht.

Das Bild bleibt, wie jedes Alt-Motiv, seinem Leitgedanken treu – und steht für sich allein, ohne eine Erklärung oder einen Hinweis. „Man muss die Bilder auf sich wirken lassen, man muss sich hineinfallen lassen“, sagt Alt, der den Betrachter keine feste Interpretation vorgeben möchte.

Bilder für das Lebewesen Mensch

Experimentierfreudig wie immer wagt sich Alt an Motive wie die Geburt Jesu. Oft entfernt sich das Bild von bisherigen Interpretationen, durch viele verschiedene Farben und den Alt-typischen puzzleartigen Aufbau, laden die einzelnen Werke zur längeren Betrachtung ein. Dabei lassen die Vielzahl der dargestellten Geschichten in einem Motiv, bei jedem Betrachten eine neue Interpretation zu. Jedoch betont Alt immer wieder, dass er trotz bunter Motivie nicht ausschließlich für Kinder entwirft: „Ich male meine Bilder für das Lebewesen Mensch, nicht für Kinder!“

Jedes der Bibel-Motive ist im Jahr 2013 entstanden. Nach dem Besuch einer Ausstellung war Alt von dem Thema so gefesselt, dass er anfing, biblische Texte zu interpretieren. „Den Geschichten der Bibel nähere ich mich genauso an wie der Kunst – nicht in wissenschaftlicher Auseinandersetzung, sondern mit dem Gefühl, mit meinem Bauch“, sagt der Künstler.

Nachdem ein Verlag sein Vorhaben unterstützte, widmete sich Alt vollständig der Entstehung seiner eigenen Interpretation der Bibel. Viele der Bilder sind speziell für die Bibel angefertigt, andere hatte er bereits zuvor entworfen. Die Bilder wurden mit großem Aufwand fotografiert, fotokopiert und digitalisiert, so dass sowohl kleine als auch sehr große Bilder in ein handliches Format gebracht wurden.

„Das Thema Religion zieht sich durch sein gesamtes Leben“, sagt Jan Lintzel, Geschäftsführer der Otmar-Alt-Stiftung. Deshalb sei es dem Künstler besonders wichtig, mit seiner Kunst zur Lebendigkeit der Bibel beizutragen. „Vielleicht ist die Otmar-Alt-Bibel für den ein oder anderen der Einstieg, sich mit der Bibel zu beschäftigen.“

Fünf Bilder aus der Alt-Bibel sind im Lutherforum ausgestellt, zusätzlich zu dem „Luther-Zyklus“, eine Bilderreihe zum 500 Reformationsjahr 2017. „Religion ist auch eine Form zu erleben“, sagt Alt begeistert und fügt dann noch hinzu: „Wir dürfen den Menschen die Religion nicht aufzwingen, aber wir dürfen sie verführen.“ Und vielleicht verführt „seine“ Bibel, den einen oder anderen zu einem Gang in die Kirche, um sich einmal ein eigenes Bild zu machen. Da bekommt man auch die ein oder andere Erklärung. Jan Mikolasch

Info: Herausgeber: Otmar Alt, 256 Seiten, 49,95 EUR, Kettler Verlag, ISBN: 978-3-86206-488-5

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