Papst Franziskus beruft den bisherigen Sekretär der Glaubenskongregation, Luis Francisco Ladaria Ferrer, an die Spitze der Behörde. Die Ernennung Ladarias kam nicht völlig überraschend. Beobachter handelten ihn als einen der Favoriten für die Nachfolger Müllers. Spekuliert worden war aber auch, dass der Papst möglicherweise einen seiner theologischen Vordenker an die Spitze der Glaubenskongregation holen könnte. Genannt wurden sein Ghostwriter, Erzbischof Victor Manuel Fernandez, Rektor der katholischen Universität in Buenos Aires, und der italienische Bischof Bruno Forte.
Ladaria hingegen ist bislang nicht als ausgesprochener Franziskus-Mann in Erscheinung getreten. Er ist jedoch wie Franziskus Jesuit und spricht dessen Muttersprache. Der auf Mallorca geborene Geistliche gilt als gemäßigt konservativ. Er selbst sieht sich als Mann der Mitte. In einem Interview sagte er 2008, er liebe keine Extreme – weder progressiver noch traditionalistischer Art. „Ich glaube, dass es da einen Mittelweg gibt, nämlich den, den der Großteil der Theologieprofessoren hier in Rom und die Kirche allgemein eingeschlagen haben“.
In der Öffentlichkeit trat Ladaria selten auf, Interviews gab er – im Gegensatz zu seinem bisherigen Vorgesetzten – kaum. Wie Müller lehrte er als Professor das Fach Dogmatik, seit 1984 an der renommiertesten Päpstlichen Hochschule in Rom, der von Jesuiten geleiteten Universität Gregoriana.
Ladarias theologischer Blickwinkel ist jedoch stärker von den Kirchenvätern und der frühen Kirche geprägt, mit der er sich intensiv beschäftigte. Seine Denkart ist daher von Hause aus historischer und mehr der akribischen Textauslegung verpflichtet. Müller galt hingegen als streng systematisch ausgerichteter theologischer Denker. Seine Doktorarbeit verfasste Ladaria über Hilarius von Poitiers, einen französischen Bischof und Kirchenlehrer aus dem 4. Jahrhundert. Der gut deutsche sprechende Spanier studierte unter anderem in Frankfurt an der Jesuiten-Hochschule Sankt Georgen.
Ladaria selbst dürfte von Müller erfahren haben, warum ihn der Papst nicht mehr will. Offiziell nannte der Vatikan wie üblich keine inhaltlichen Gründe für die Ablösung Müllers. Doch das wäre in diesem Fall auch kaum nötig gewesen: Die meisten Beobachter sehen darin eine Reaktion auf wiederholte öffentliche papstkritische Äußerungen Müllers und seine offensichtlich von Franziskus abweichenden Ansichten zum Umgang mit geschiedenen Katholiken in zweiter Ehe.
Müller selbst sagte der Mainzer „Allgemeinen Zeitung“ (Samstag), es habe keine Differenzen zwischen ihm und dem Papst gegeben. Franziskus habe ihn am Freitag über die Entscheidung informiert. „Mir macht das wenig aus“, so der Kardinal. „Jeder muss mal aufhören.“ Seine fünfjährige Amtszeit sei abgelaufen. Der Papst habe ihm mitgeteilt, dass er dazu übergehen wolle, die Amtszeiten generell auf fünf Jahre zu begrenzen, „und da war ich der Erste, bei dem er das umgesetzt hat“.
Der neue Leiter der Glaubenskongregation steht für Kontinuität. Wie Müller war Ladaria von Benedikt XVI. an die Glaubenskongregation geholt worden. Er kennt das Innenleben der Behörde wie kaum ein anderer. Das dürfte ihm jetzt helfen, einen möglichst reibungslosen Übergang zu organisieren. Denn nicht jeder Mitarbeiter dürfte über die Entscheidung des Papstes glücklich sein.
Bereits 1992 war Ladaria von Johannes Paul II. als Mitglied in die Internationale Theologenkommission berufen worden, ein Beratergremium der Glaubenskongregation, von 2004 bis 2008 war er deren Generalsekretär.
Mit dem Namen Ladaria ist auch ein Projekt verbunden, auf dem unter Katholiken im deutschsprachigen Raum große Hoffnungen ruhen: Er leitet die von Franziskus 2016 eingerichtete Kommission zum Frauendiakonat. Das Gremium soll die Rolle von Diakoninnen in der frühen Kirche erforschen. Das Ergebnis dürfte großen Einfluss darauf haben, ob Franziskus für Frauen einen Weg zum Diakonat öffnet.