Erzbischof Becker rügt Aggressivität in politischer Debatte 

Der Paderborner Erzbischof Hans-Josef Becker rügt einen aggressiven und rauen Ton in der gesellschaftlichen Debatte. „Wir müssen heute sehr sensibel sein und aufpassen, dass auf die Gewalt der Worte nicht auch eine Gewalt der Taten folgt“, sagte er am Donnerstagabend vor Journalisten in Paderborn. Es sei naiv zu glauben, dass Worte wie „Asylantenschwemme“ und „Sozialschmarotzer“ keinen direkten Einfluss auf das tägliche Leben und Miteinander hätten.

(Foto: Pressestelle Erzbistum Paderborn)

Becker warnte davor, den Respekt voreinander zu verlieren. Er zeigte sich besorgt über Vereinfachungen in der politischen Kultur und einen Verzicht auf gebotene Differenzierungen. Zudem gebe es in manchen Bereichen des öffentlichen und privaten Lebens einen „Niedergang des Mitgefühls“. Angesichts von Polemik und fortschreitender sozialer Verrohung gelte es, das Mitleid Jesu nachzuahmen und „Menschen aufzurichten anstatt sie niederzumachen“.

Zudem beklagte der Erzbischof, dass nationale Egoismen weltweit salonfähig würden, „auch weil Präsidenten und Staatsoberhäupter lediglich die eigene Nation sehen“. Wirtschaftliche Erwägungen gewännen mehr und mehr die Oberhand. Flüchtlinge in Europa und in Deutschland würden zum Objekt und „zum Gegenstand von Debatten und politischer Macht“. In den Gesellschaften herrsche Angst, die klammheimlich und länderübergreifend das Vertrauen in die liberale Demokratie und den Sozialstaat untergrabe.

Zudem mahnte Becker beim Medienempfang der Erzdiözese Paderborn auch einen maßvollen Umgang mit Sozialen Medien an. „Mir scheint es so zu sein, als wären wir überall ansprechbar und verfügbar geworden.“ In der vernetzten und „stets getakteten“ Welt mit einer großen Zahl an Informationen und „Freundschafts-Beziehungen“ bleibe kaum noch Zeit für Ruhe oder Regeneration.

Außerdem erlangten bewusst einseitige Meldungen sowie Gerüchte leicht den Status einer Falschmeldung, bemängelte Becker. Auch im professionellen Journalismus seien Falschmeldungen eine Herausforderung, sagte der Erzbischof und verwies auf den Fall des ehemaligen „Spiegel“-Reporters Claas Relotius. Es müsse immer wieder geprüft werden, was korrekt und welchen Quellen zu vertrauen sei. Relotius hatte Geschichten manipuliert und teilweise erfunden.

kna