Nach der Übereinkunft über die Kirchenräume im geplanten 725-Betten-Hospital in Essen-Altenessen gehen die Contilia und das Bistum Essen jetzt bewusst noch einmal mit dem Gesamtkonzept der künftigen Medizinversorgung im Essener Norden an die Öffentlichkeit. Contilia-Geschäftsführer und Vorsitzender Dr. Dirk Albrecht sowie Generalvikar Klaus Pfeffer ordneten am Dienstag die Pläne an den vier Medizin-Standorten Haus Berge, Philippusstift (Borbeck), Marienhospital und St. Vinzenz (Stoppenberg) in die bundesweite Entwicklung und in Vorgaben der Krankenhausplanung des Landes ein.

(Grafik: Contilia)
Das Projekt eines stationären Großkrankenhauses und zweier ambulanter Standorte mit einer breiten Fachspezialisierung in Borbeck und Stoppenberg reagiert Albrecht zufolge auf eine bundesweit angestrebte, aber von Trägern vor Ort nicht immer gewoolte Entwicklung. „Der statistische Trend geht zur ambulanten Behandlung und dabei zur engen Zusammenarbeit von Fachleuten verschiedener Herkunft.“ Schwierigkeiten, dieser Entwicklung zu folgen, ergäben sich für viele kleine Krankenhäuser. Deshalb wolle die Contilia ihre Häuser im Verbund neu profilieren und insgesamt stärken.
Für den Standort Stoppenberg bedeutet das, dass man nur für die Bauzeit in Altenessen bis 2025 vorübergehend noch 160 stationäre Betten schaffe, dann aber wie Borbeck als ambulanter Standort arbeite. Die Stoppenberger Patientenzimmer ermöglichten aufgrund ihrer Modulbauweise einen späteren Abbau. In Stoppenberg und Borbeck setzt die Contilia auch auf die Zusammenarbeit mit Fachpraxen niedergelassener Mediziner. Den Fortschritt des Gesamtprojektes und in Altenessen seit November 2018 sieht Dr. Albrecht überwiegend positiv. „Dass wir auch eine Kirche in einem umfassend aufgestellten Krankenhaus bauen, ist nicht nur nur für diesen Ort, sondern auch für die Begegnung von Hospital und Kirche positiv zu werten.“
Mit Blick auf die vergangenen sechs Monate seit der ersten Information zum Projekt zollte Albrecht den ehrenamtlich tätigen Kirchenvorständen und Pfarrgemeindenräten für die Vermittlung des Projekts in der Pfarrei und im Stadtteil großen Respekt. „Es ist alles andere als etwas Geringes, eine Meinungsbildung in dieser Sache mit vielen Beteiligten so engagiert voranzubringen.“ Aus seiner Sicht konnten viele Menschen trotz ihres Schmerzes überzeugt werden. „Darüber hinaus gibt es die, die das nicht mittragen können und in der ,Initiative Rettet St. Johann aktiv sind.“
Auch Generalvikar Pfeffer bedankte sich bei den gewählten Vertreterinnen und Vertretern der Pfarrei mit „einem Riesen-Respekt.“ „Sie standen vor dem Dilemma, die als Pfarrkirche bestätigte Kirche gegen die Zukunft eines katholischen Krankenhauses abzuwägen. Und das hat alle sehr herausgefordert.“ Respekt zollte er allen, denen der geplante Kirchenabriss nahegeht. Er kenne die Gefühle von Menschen, die mit einem Kirchbau viele Lebensereignisse verbänden.
Aus seiner Sicht ist aber der Erhalt katholischer Häuser durch den Neubau des zentralen Krankenhauses zukunftsweisend, dazu auch das Zusammengehen von Krankenhaus und Gemeinde, die zukünftig nah bei den kranken Menschen sei. „Es geht nicht nur darum, dass wir als Christen die kleinere Kerngemeinde zusammenhalten, sondern profiliert mitten in der Gesellschaft für Akzeptanz sorgen.“
Contilia-Chef Dr. Albrecht verwies im Verlauf der Pressekonferenz auch eine geplante professionelle kommunikative Begleitung der Bevölkerung durch einen Moderator. Einen Kandidaten dafür werde er in der kommenden Woche kennenlernen. „Die Person unserer Wahl soll professionell alle Fragen von menschlichen Dingen über Gehwege und Verkehrströme bis hin zu Kontakten unserer Häuser zu Bürgern und Partnern zusammenbringen. Für Contilia geht es darum, dass Menschen gut finden und annehmen, was wir anbieten.
Philippusstift investiert in ambulante Kompetenz
„Medizinische Behandlung ist heute mehr denn je auf eine unkomplizierte Zusammenarbeit von Ärztinnen und Ärzten verschiedener Fachrichtungen und Ambulanzen angewiesen“, betonte Albrecht. Speziell verwies er dabei auch auf die Behandlung älterer Menschen und von Patienten nach Unfällen im Borbecker Philippusstift und im nahegelegenen Haus Berge. Das Zukunftskonzept für die aktuell vier Contilia-Kliniken sehe für diese Einrichtungen im Borbecker Raum einer enge Abstimmung von Neurologen, Psychiatern, Altersmedizinern, aber auch Chirurgen und Unfallchirurgen vor.
Wenn ein alter Mensch nach einem Hausunfall Brüche erlitten hat, die geröntgt und versorgt werden, sei in Borbeck mit der Heilung häufig und sehr bald eine so genannte Frühreha verbunden. Eine möglichst weit gehende Beweglichkeit des Patienten sei umso wahrscheinlicher, je kompetenter sich Fachärzte und Therapeuten engagieren und auf diesen Patienten einlassen könnten.
Als weitere diagnostische Beispiele, die nach enger Zusammenarbeit verlangen, nannte Albrecht auch die Behandlung und Therapie von Schlaganfall-Patienten. Radiologen diagnostizierten detailgenau, Kardiologen untersuchten auch Veränderungen von Herz und Kreislauf nach dem Eintreten des Notfalls, Neurologen untersuchten Schädigungen im System der Nerven. Zudem seien Reha-Mediziner auf fach- und passgenaue Informationen für eine spezielle Förderung angewiesen.
Im Umfeld von Haus Berge und dem Philippus-Hospital im Zentrum Borbecks werde in Zukunft auch die ambulante Psychiatrie ein immer größere Rolle spielen. Bekannt sind psychische Probleme unter anderem im Umfeld der Versorgung älterer Menschen. So bringt die Veränderung des Lebens nach Unfällen oder Krankheiten ausgerechnet im Alter die schwierige Herausforderung mit sich, noch ein neues Leben meistern zu müssen.
Für die Modernisierung und engere Vernetzung von Haus Berge und dem Philippusstift investiert die Contilia 2019 und 2020 rund drei Millionen Euro in das künftige Ambulanzzentrum Philippusstift. Ganz aktuell haben im Philippusstift in diesem Frühjahr zwei neue medizinische Teams ihre Arbeit in Fachabteilungen für Allgemein- und Viszeralchirurgie und zudem in der Wirbelsäulenchirugie aufgenommen.
Proteste halten an
Die Kirche im neuen Marienhospital soll längst nicht so viel Platz bieten, wie von der Pfarrgemeinde St. Johann Baptist behauptet. Statt 200 bis 250 Sitzplätze hätte sie höchstens knapp 90. Das behauptet der Verein „Rettet St. Johann“. Er setzt sich für den Erhalt der Pfarrkirche an der Johanniskirchstraße bei gleichzeitigem Neubau des Krankenhauses ein.
Am Sonntagmittag hatte der Verein zu einer Protestveranstaltung auf den Johanniskirchplatz eingeladen. Ziel war es, den nach seinen Angaben rund 200 anwesenden Gemeindemitgliedern das Ausmaß der geplanten Kirche von 15 mal 17 Metern vorzuführen. Grundlage war die Versammlungsstättenverordnung, erläutert Vereinsmitglied Gerd Urban. Sie gebe für jeden Sitzplatz 1,3 qm Fläche vor. „So konnten wir in dem Raum lediglich 87 Sitzplätze stellen“, teilt der Verein mit.
Laut Pressestelle des Bistums werden in der Kirche indes insgesamt knapp 400 Sitzplätze möglich sein. Das bekräftigten Fachleute des Bistums Essen, die die Pfarrei St. Johann Baptist bei den Planungen unterstützen. Selbst bei Anwendung der Sonderbauverordnung – die für Kirchenräume ausdrücklich nicht gilt – könnten im eigentlichen Kirchraum rund 250 Plätze gestellt werden. Hinzu kämen im angeschlossenen Saal etwa 90 Sitzplätze sowie rund 50 Sitzplätze auf der Empore im ersten Obergeschoss.
Die Sonderbauverordnung schreibe unter anderem eine lichte Durchgangsbreite von 40 Zentimetern zwischen den Sitzreihen und eine Breite von 50 Zentimetern je Sitzplatz vor. Selbst bei einer vergleichsweise lockeren Bestuhlung der Räume, wie sie die Animationsgrafik auf der Internetseite der Pfarrei St. Johann Baptist darstellt, könnten in der Kirche insgesamt mehr als 250 Sitzplätze gestellt werden.
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