Vatikan: Menschenrettung vorrangig

Die Debatte um die „Sea-Watch 3“ verschärft sich. Die Verhaftung von Kapitänin Carola Rackete rief sowohl in Italien wie auch in Deutschland teilweise Empörung hervor, stieß in Italien aber auch auf Zustimmung. Die Kritiker argumentierten, das Retten von Menschenleben sei kein Verbrechen. Der Vatikan betonte, Rettung müsse Vorrang haben. „Die Lebensrettung ist der Polarstern, der ganze Rest ist zweitrangig“, zitierte die italienische Tageszeitung „Messaggero“ (Sonntag) Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin.

(Foto: Sea-Watch org/Flickr)

Italiens Innenminister Matteo Salvini sprach mit Blick auf die „Sea-Watch 3“ hingegen von Krieg und einem „kriminellen Akt“. Beim Zusammenstoß des Rettungsschiffs mit einem Patrouillenboot im Hafen von Lampedusa sei „ein Desaster riskiert“ worden, zitieren italienische Medien Salvini. Rackete könnte aufgrund des Vorfalls eine Strafe zwischen drei und zehn Jahren Haft erhalten.

Freilassung gefordert

Die deutsche Kapitänin erklärte, sie habe das Polizeiboot nicht treffen wollen. Ihr sei nicht bewusst gewesen, dass es so nah gewesen sei. Sie entschuldigte sich bei den Betroffenen und bekräftigte, ihr sei es um das Wohl der Migranten an Bord gegangen. „Ich hatte nicht die Absicht, irgendwen in Gefahr zu bringen“, sagte sie dem „Corriere della Sera“ (Sonntag). „Ich wiederhole, dass Selbstverletzungen begonnen hatten. Ich befürchtete, es könnte zu Selbstmorden kommen.“

Die deutsche Hilfsorganisation Sea Watch forderte die Freilassung der Kapitänin, die auf Lampedusa unter Hausarrest steht. Rackete hatte in der Nacht auf Samstag ohne Erlaubnis Italiens an der Insel angelegt. Sie wurde nach der Aktion festgenommen und das Rettungsschiff beschlagnahmt.

Vorgeworfen wird der Kapitänin unter anderem Beihilfe zur illegalen Einwanderung. Gemäß einem neuen Dekret der Regierung in Rom drohen zudem Strafen zwischen 10.000 und 50.000 Euro, wenn private Seenotretter unerlaubt in italienische Hoheitsgewässer einfahren. Nach den jüngsten Ereignissen kündigte das Innenministerium an, eine weitere Verschärfung zu prüfen. Die 40 Migranten der „Sea-Watch 3“ wurden in einen Hotspot auf Sizilien gebracht. Dort sollen sie registriert und eine Verteilung auf Europa organisiert werden.

Overbeck: „Ich bewundere den Mut von Carola Rakete“

Die spanische Hilfsorganisation „Open Arms“ berichtete am Sonntagnachmittag auf Twitter, sie habe ein in Libyen gestartetes Boot mit 40 Migranten entdeckt und an die Behörden gemeldet. An Bord seien auch vier Kinder und drei Schwangere. Das Holzboot werde nun nach Lampedusa begleitet.

„Seenotrettung darf nicht kriminalisiert werden“, schrieb Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) auf Twitter. Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck twitterte: „Wer Menschen vor dem Ertrinken rettet, gehört nicht ins Gefängnis. Ich bewundere den Mut von Carola Rakete, der Kapitänin der Sea-Watch-Crew. Sie steht mit ihrem Handeln für die humanen und christlichen Werte Europas.“ Unterstützung für Sea-Watch kam auch von der Evangelischen Kirche in Deutschland. Deren Ratsvorsitzender Heinrich Bedford-Strohm nannte die Festnahme der Kapitänin eine „Schande für Europa“. Er sei traurig und zornig.

kna/rwm