Temperaturen jenseits der 30 Grad lassen so manchen von einer Abkühlung träumen. Kirchen, besonders die großen versprechen da Abhilfe.
Flirrende Hitze vor dem Fenster, Schweißperlen auf der Stirn und surrende Ventilatoren – in den kommenden Tagen vermutlich eine zentrale Erfahrung in Büros, Schulen und an den Arbeitsplätzen der Republik. Kühle Orte – oft Fehlanzeige. Eine Ausnahme sind die Kirchen landauf landab. Ihre meist kühlen Innenräume sind für Besucher buchstäblich ein Segen. Nicht nur Touristen, auch Anwohner kommen in den Sommermonaten auf die Idee, ein Gotteshaus zu besuchen, dort länger zu verweilen und das Klima zu genießen.
Kirchen sind cool. Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki empfahl deshalb angesichts der großen Hitze im Juni möglichst viele Kirchenbesuche für die Ferien. Hinter dicken, alten Kirchenmauern sei es angenehm kühl, sagte der Erzbischof dem Kölner Domradio. Dazu zitierte er einen Text aus dem 13. Jahrhundert: „Komm herab Oh Heiliger Geist – in Unrast schenkst du Ruh, hauchst in Hitze Kühlung zu!“
Einer, der sich mit guter Luft und Atmosphäre in Kirchen auskennt, ist der Bochumer Duft-Forscher Hanns Hatt (71). Er wird gern als Deutschlands „Duft-Papst“ bezeichnet, denn seit 20 Jahren erforscht er das Riechen – erst bei Insekten, Krebsen und Hummern, schließlich auch beim Menschen. „Unser Gehirn ordnet permanent Gerüche, verknüpft sie mit Emotion und charakterisiert sie“, weiß er. „Von verschiedenen Orten merkt sich unser Gehirn den jeweiligen Geruch Jahrzehnte lang.“ „Kirchen haben mit dem Weihrauch ihren eigenen Markenduft und das schon aus seit Jahrtausenden“, sagt der Wissenschaftler. Der mischt sich bisweilen allerdings mit muffigen Gerüchen: Das Kircheninventar, Gemälde oder Samtbezüge verströmen Erinnerungen der Jahrhunderte – besonders bei Feuchtigkeit.
Hatt und sein Team haben schon den Kölner Dom zu besonderen Ereignissen mit dem speziellen Domduft „Incense 2.0“ „beduftet“. In der Kölner Kathedrale haben sie Schläuche im Kirchenschiff aufgehängt, aus denen dann der Duft strömte. Dafür zu sorgen, dass die Gotteshäuser nicht muffig und grau röchen, sei im Sommer leichter als im Winter, fügt Hatt hinzu. „Dann nimmt man natürlich am besten, angepasst an die Parfümerie des Sommers, einen Frischegeruch – Citrus oder Bergamotte“, empfiehlt er. Junge, belebende, dynamische Duftnoten bekämen so mancher Kirche gut. „Lüften und beduften“, so lautet seine Lösungsformel für ein angenehmes Klima in den Kirchen.
Kirchen und besonders Dome haben ihr eigenes Klima. Der Kölner Dom biete auch im Sommer gute Voraussetzungen, um einen kühlen Kopf zu bewahren, bestätigt die ehemalige Kölner Dombaumeisterin Barbara Schock-Werner. „Der Dom hat einen enormen Luftraum, so dass sich die Kirche, wenn überhaupt, nur langsam aufheizt“, sagte sie jüngst dem Kölner Internetportal domradio.de.
Langsame „Klimawechsel“ seien gut – und zwar für die Menschen und die Kunstwerke in den Gotteshäusern, so Schock-Werner. Kreislaufgeplagte seien im Kirchenschiff sehr gut aufgehoben, weil es im Dom auch nach wochenlanger Hitze allenfalls warm, aber nie heiß werde. Im Herbst werde es im Dom dann eben auch langsam wieder kühler. Die Krypta, die unten im Dom liegt, ist laut der Architektin bei Außentemperaturen um die 38 Grad der kühlste Ort der Kathedrale.