Bonn – Der Erzpriester der griechisch-orthodoxen Metropolie in Deutschland, Constantin Miron, befürchtet eine Umwandlung der Istanbuler Hagia Sophia in eine Moschee. Die Erfahrung habe gezeigt, dass die türkische Justiz unter Präsident Recep Tayyip Erdogan nicht mehr unabhängig sei, sagte er am Montag im Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). „Bei so einer emotionalen, populistisch aufgeladenen Frage könnte der Druck zu groß sein und die Moschee-Bewegung Grünes Licht bekommen.“
Das Oberste Verwaltungsgericht der Türkei entscheidet am Donnerstag darüber, ob der gewaltige Kirchenbau am Bosporus wieder als Moschee genutzt werden darf. Es wäre die dritte Umwandlung der Hagia Sophia: Nach ihrem Bau 537 fast 1.000 Jahre Reichskirche der griechisch-orthodoxen Byzantiner, wurde sie von den siegreichen Osmanen nach der Eroberung Konstantinopels 1453 islamisches Gotteshaus und schließlich von Staatsgründer Mustafa Kemal Atatürk 1934 zu einem Museum deklariert. Präsident Erdogan setzt sich seit längerem dafür ein, die Hagia Sophia wieder zu einer Moschee zu machen.
Erdogan verfolge vor allem populistische Motive
Aus Sicht Mirons verfolgt der streng islamische Staatschef damit vor allem populistische Motive: „Das Ganze ist reine Symbolpolitik. Istanbul hat Hunderte Moscheen, auch viele sehr repräsentative. Bedarf besteht also nicht.“ Erdogan wolle aber „seine nationalistischen und konservativ-islamischen Wähler bei der Stange halten“. Die Türkei stecke wirtschaftlich in der Krise, und in den Umfragen stünden der Präsident und seine Partei AKP nicht mehr gut da.
Erdogan wolle das laizistische System von Staatsgründer Kemal Atatürk „endgültig beerdigen“ und eine Re-Islamisierug vorantreiben, so Miron weiter. „Wie könnte er das besser demonstrieren, als wenn er die Hagia Sophia, die Atatürk 1934 zum Museum erklärte, wieder zu einer Moschee macht?“
Scharfe Kritik an dem Vorhaben
Geklagt hat die türkische Denkmalschutzvereinigung. In früheren Verfahren war sie mit ihrem Antrag, die Hagia Sophia wieder als Moschee nutzen zu lassen, gescheitert. Aus dem Ausland, insbesondere aus Griechenland und Russland, kommt scharfe Kritik an dem Vorhaben.