Was Bischöfe twittern

Jugendliche sind auf TikTok und Instagram – die Bischöfe neu bei Twitter. Die Bischofskonferenz sucht auf Social-Media-Plattformen einen Austausch auf Augenhöhe, um mehr Menschen die Kirche wieder näher zu bringen.

Über 60 Millionen Follower hat der Papst auf seinen neun Kanälen bei Twitter. So viele Katholiken hat Deutschland zwar noch nicht mal, aber auch Protestanten, Muslime und alle anderen User sind ab sofort eingeladen, dem neuen Auftritt der deutschen Bischöfe beim Kurznachrichtendienst zu folgen. „Kommunikation geschieht hier auf Augenhöhe“, sagt die Social-Media-Referentin der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), Julia Rosner, zum Start.

Was viele deutsche Bistümer und einige Bischöfe schon seit Jahren nutzen, geht nun endlich auch der Zusammenschluss der 27 (Erz-)Bistümer an. „Wir versuchen, durch die sozialen Kommunikationskanäle den Nutzern näherzukommen und einen Austausch zu erreichen“, erklärte DBK-Sekretär Hans Langendörfer. Mittels Live-Streaming von ausgewählten Veranstaltungen könnten zudem künftig mehr Menschen erreicht werden – „gerade in Zeiten der Corona-Pandemie“, so Langendörfer.

Besondere Herausforderung bei der Verkündigung

Unter@dbk_online werde es Neuigkeiten rund um die Arbeit der Bischofskonferenz geben, erklärte Rosner der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA): „Darüber hinaus nehmen wir besonders Journalisten, andere Medienvertreter und Multiplikatoren in den Fokus.“ Außerdem sei geplant, live von Veranstaltungen wie Podiumsdiskussionen zu twittern. „Das Tolle an Twitter ist, dass wir uns hier besonders gut vernetzen und Debatten beobachten können“, so die Referentin. Hier bestehe dann auch die Chance mitzudiskutieren.

Angesichts von Austritten, Priestermangel und immer größeren Pfarreien stehe die Kirche vor einer besonderen Herausforderung bei der Verkündigung, beobachtet Pastoraltheologe Matthias Sellmann: „Es müssen neue Formate gefunden werden, es müssen neue Zielgruppen adressiert werden, man muss die Aufmerksamkeit ganz neu gewinnen“, sagt der Leiter des Zentrums für angewandte Pastoralforschung (ZAP) der Universität Bochum, wo im nächsten Semester der Masterstudiengang „crossmediale Glaubenskommunikation“ startet.

Kommunikation über Kirchen- und Fachkreise hinaus

2020 ist für die DBK das Jahr der „neuen Formate“: Im Februar ging der Facebookauftritt @dbk online – mit aktuell 3.760-Gefällt-mir-Angaben und 4.500 Abonnenten. „Während sich Twitter an prägnanten Fakten orientiert, darf auf Facebook hintergründiger und bildlastiger berichtet werden“, so Rosner. Kurze Video-Statements, Live-Streams und wöchentliche sogenannte Sharepics zum Teilen eines Impulses der Bischöfe bietet die Facebook-Seite unter anderem.

Hier gelinge die Kommunikation immer mehr über Kirchen- und Fachkreise hinaus, so die Expertin. „Sicherlich: einige nutzen unsere Plattform auch aus, um ihrem Ärger über die Kirche Luft zu machen. Das gehört jedoch dazu. Auch kritische Kommentare – egal aus welcher Richtung – sind ausdrücklich erwünscht, so lange sie sachlich bleiben“, verweist sie auf die Netiquette.

Diskussion über Reaktion auf Kebekus

Und wenn es dann doch zu einem Shitstorm kommt, sei „ein engagiertes und lückenloses Community-Management“ sehr wichtig: „Die Beantwortung von Fragen und das Klarstellen von Fakten und verbreiteten Meinungen kann helfen, dass eine Debatte gar nicht erst hoch kocht.“

Angeregt debattiert wurde bei Facebook etwa die Reaktion der DBK auf den kirchenkritischen Videoclip „Im Namen der Mutter“ von Kabarettistin Carolin Kebekus im Juli. „Da Frau Kebekus das Frauenthema in den Fokus gestellt hat, habe ich überlegt, ob es Sinn machen könnte, nicht nur als ‚die‘ Bischofskonferenz – die viele mit einem Trüppchen alter Herren assoziieren – zu antworten, sondern als junge Frau, die bei der Bischofskonferenz arbeitet“, berichtet die 28-Jährige, deren Name unter der Antwort an Kebekus stand. Darin dankte sie der Kabarettistin für die in dem Video vorgenommene „Zusammenfassung unserer Geschichte und Wertvorstellungen“. Und ergänzte: „Ja, zweifellos arbeiten wir noch immer hart daran, unsere Verfehlungen der vergangenen Jahre und Jahrzehnte aufzuarbeiten.“ Über 400 Kommentare und vornehmlich Daumen-hoch-Reaktionen erhielt der Post.

Rückgriff auf Inhalte der Bistümer

Seit drei Monaten sind alle Videos der Bischofskonferenz auch auf Youtube zu finden. Die derzeitige Nutzung als Archiv soll jedoch ausgebaut werden, zudem könnten demnächst öffentliche Fachtagungen gestreamt werden. „Gerade in Zeiten von Corona erhoffen wir uns damit, noch mehr Menschen Zugang zu unseren Angeboten ermöglichen zu können“, so die DBK-Referentin.

Auch wenn die Bischofskonferenz für sich nun in den Sozialen Netzwerken präsent ist, greift die Organisation oft auf Social-Media-Inhalte der einzelnen Bistümer zu. „Das Crossposting ist ein Element bei unserer Facebook-Arbeit, das wir gerne anwenden“, so Rosner. Intensiv sei dies auch coronabedingt bei der Übertragung von Gottesdiensten genutzt worden. Das gegenseitige Teilen und Liken von Inhalten sei auch mit den Hilfswerken und anderen katholischen Medienseiten gang und gebe.

Instagramm und TikTok sind kein Thema

Instagram als bildlastiges Netzwerk sei momentan jedoch noch kein Thema. Und was ist mit tanzenden Bischöfen beim boomenden Dienst TikTok? „Bei aller Originalität und allem Witz, den Social Media mit sich bringt, sind wir immer noch eine Behörde“, schmunzelt Rosner. Bei der DBK käme es auf den Inhalt an, der nach außen transportiert werden soll: „Das kann an passender Stelle auch mal witzig sein, aber doch bitte seriös!“

Ob seriös oder mit Witz – für @dbk_online wird es wohl schwierig werden, an die 643.000 Follower des deutschen Papst-Accounts @pontifex_de heranzukommen. Eine Richtmarke könnten eher die rund 23.600 Follower der Evangelische Kirche in Deutschland bei @ekd sein, die auf Twitter schon seit 2009 mit den Usern kommuniziert.

Von Rainer Nolte (KNA)