Warschau – Angesichts landesweiter Proteste in Polen gegen ein vom Verfassungsgericht verfügtes fast völliges Abtreibungsverbot hat die katholische Kirche zu gegenseitigem Respekt aufgerufen. „Lasst uns keine Spaltungen verursachen, lasst uns nicht dazu beitragen, dass sie zunehmen“, sagte Polens Primas Erzbischof Wojciech Polak am Montagabend in einer Videobotschaft. Alle sollten für Frieden und Einheit sorgen.
„Keine Grenzen überschreiten“
Er kritisierte, dass der Protest manchmal auf sehr gewalttätige und andere verletzende Weise zum Ausdruck gebracht worden sei. „Ich bitte sehr um gegenseitigen Respekt, darum, dass wir keine Grenzen überschreiten, um Respekt für heilige Orte, für unsere Gotteshäuser“, so Polak. Letztere sollten Orte der Versöhnung sein.
Das Verfassungsgericht hatte am Donnerstag entschieden, dass künftig Schwangerschaftsabbrüche auch bei einer schwerwiegenden Fehlbildung des Fötus unzulässig sind. Seither kommt es täglich zu Straßenprotesten. Am Montagabend zogen Demonstranten in vielen Städten zu Büros der nationalkonservativen Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) sowie Kirchen und Bischofshäusern.
Demonstranten in Gottesdiensten
Aus Protest gegen die Unterstützung der Kirche für ein fast völliges Abtreibungsverbot hatten Demonstranten am Sonntag mehrere Gottesdienste gestört. Einer in der Kathedrale von Posen (Poznan) musste abgebrochen werden. Zudem wurden Gotteshäuser mit Slogans besprüht und ein Denkmal von Papst Johannes Paul II. (1978-2005) in einer Kleinstadt geschändet.
Der Vorsitzende der Polnischen Bischofskonferenz, Erzbischof Stanislaw Gadecki, ermunterte am Sonntagabend „alle zum Dialog über die Mittel, mit denen das Recht auf Leben und die Rechte von Frauen geschützt werden können“. Zugleich betonte er, vulgäre Ausdrücke, Gewalt, Störungen von Gottesdiensten und Entweihungen seien in einem demokratischen Staat nicht der richtige Weg. Er sei traurig, dass Menschen in vielen Kirchen mit Gewalt gehindert worden seien, ihren Glauben zu bekennen. Frauenrechtsgruppen hatten unter dem Motto „Das Wort zum Sonntag“ dazu aufgerufen, den Widerstand gegen die Gesetzesverschärfung in die Kirchen zu tragen.