Der katholische Essener Bischof Franz Josef Overbeck ruft seine krisengeschüttelte Kirche zu Mut und Demut auf.
Essen – Der katholische Essener Bischof Franz Josef Overbeck ruft seine krisengeschüttelte Kirche zu Mut und Demut auf. Gerade der Missbrauchsskandal zeige den Weg für die Kirche, „den wir nüchtern, aber eben bescheiden, menschennah und mutig gehen müssen“, predigte der Ruhrbischof an Gründonnerstag im Essener Dom. „Dabei ist Umkehr ein wichtiges Zeichen und gleichzeitig Mut unbedingt erforderlich.“
Mut zu Wahrheit und Wirklichkeit, ausgedrückt in Nächstenliebe, sei eine Äußerung von Demut, „nicht zu richten, nicht zu urteilen, sondern den Raum weit machen zu wollen für echte Beziehungen“. Dringlich sei eine Vertiefung des Glaubens und der Glaubwürdigkeit, so Overbeck. „Das gelingt durch eine lebendige Einstellung zu unserer pluralen, sich immer mehr globalisierenden Umwelt, um das Evangelium für die Menschen aufzuschließen, die unsere Tradition nicht kennen.“ Der Bischof sprach sich für ein Netz von Beziehungen zwischen Menschen unterschiedlicher religiöser, sozialer und ethischer Herkunft aus sowie für eine alltagstaugliche Spiritualität und ein Reden über Gott, das „den Nerv des gesamten Kirchenlebens bildet“.
Overbeck: „Gemeinschaft des Betens in Stellvertretung für viele“
Füreinander Beten und sich gegenseitig helfen – den Gedanken der Stellvertretung stellte Franz-Josef Overbeck am Gründonnerstagmorgen ins Zentrum der Chrisammesse im Essener Dom gestellt. „Keiner glaubt für sich allein. Keiner hofft für sich allein. Keiner liebt für sich allein“, betonte er in seiner Predigt in dem Gottesdienst, der traditionell der jährliche Treffpunkt hunderter Messdienerinnen und Messdiener aus dem ganzen Bistum Essen ist. Coronabedingt konnten diesmal nur eine Handvoll Ministranten aus St. Medardus in Lüdenscheid, St. Marien in Schwelm und St. Ludgerus in Essen-Werden mit Bischof Overbeck und den beiden Pfarrern Christian Becker aus St. Michael in Duisburg-Meiderich und Thomas Köster in St. Franziskus, Bochum, sowie Messdiener-Seelsorger Sven Christer Scholven die Messe feiern, in der einmal im Jahr die heiligen Öle geweiht werden, die die Gemeinden für Krankensalbungen, Taufen und Firmungen verwenden.
Zusammen mit den Messdienern, die den Gottesdienst am Livestream mitfeierten, stünden die Ministranten und Priester im Dom „stellvertretend für unser ganzes Bistum“, so Overbeck. Denn trotz Corona gebe es „die Gemeinschaft des Betens in Stellvertretung für viele“. Das werde in jeder Messe gerade in den Fürbitten deutlich. Zudem seien gerade die Ministranten oft in einer Stellvertreter-Rolle, erinnerte der Bischof, wenn diese „mit wenigen Gläubigen in der Heiligen Messe ihren Dienst tun.“
Neben dem Gebet betonte Overbeck auch die tätige Nächstenliebe, die das „Leben für andere und von anderen“ ausmache – gerade in der Corona-Pandemie: „Ich bin mir gewiss, dass viele von Ihnen und euch stille Dienste für andere getan und anderen geholfen haben, durch dieses schwere Jahr zu kommen, indem sie nicht allein waren, indem Ihnen bei ihren Alterssorgen geholfen worden ist, indem Kranke besucht, Sterbende begleitet und Tote begraben worden sind.“
„Kirche lebt von der Stellvertretung Jesu Christi“
Es gehe um „gegenseitige Hilfe und Einstehen füreinander, vor allem dort, wo der eine oder die andere keine Kraft mehr haben und nicht mehr weiter können“, so Overbeck. Dies gelte gerade auch im weltweiten Zusammenhang, sagte er mit Blick auf seine Erfahrungen als Bischof für das Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat. Auch in einer kleiner werdenden Kirche, bleibe das stellvertretende Engagement für andere, hob der Bischof hervor: „Mögen wir als Kirche auch noch so klein werden, der Wirkungsraum bleibt. Mögen auch noch so wenige Menschen sichtbar präsent sein, viele sind in der Kraft von Gottes gutem Geist mit uns verbunden.“
Deutlich werde diese Kraft in den Sakramenten, für die die heiligen Öle verwendet werden, „Zeichen, die darstellen, was Gott wirkt, wenn wir zu ihm beten und ihn in ganz besonderen Anliegen bitten“. Immer gehe es dabei darum, „dass hier zuerst Jesus Christus in der Kraft seines Geistes handelt und für uns tut, was wir selbst nicht tun können, nämlich uns Gottes Geist, seine Kraft und seinen wandelnden Segen zuzusprechen“. So lebe die Kirche „von der Stellvertretung Jesu Christi für uns“.