Jesuit Mertes: Starker Hang zu Zentralisierung in Kirche

Der Jesuit Klaus Mertes hat mehr Subsidiarität innerhalb der katholischen Kirche gefordert.
Wien – Der Jesuit Klaus Mertes hat mehr Subsidiarität innerhalb der katholischen Kirche gefordert. Die Globalisierung habe den Hang zur Zentralisierung verstärkt, sagte Mertes der Wochenzeitung "Furche" (aktuelle Ausgabe). Die Kirchenzentrale in Rom erreiche eine Fülle an Anfragen aus allen Teilen der Weltkirche: Darf ich das machen? Darf der das machen? Die Folge sei Überforderung, warnte Mertes. "Der einzige Weg, aus dieser Falle herauszukommen, ist die massive Stärkung subsidiärer Entscheidungszuständigkeiten (...), damit die Spitze nicht erstickt."

Klaus Mertes (Foto: Spernol)

Der Jesuit Klaus Mertes hat mehr Subsidiarität innerhalb der katholischen Kirche gefordert. Die Globalisierung habe den Hang zur Zentralisierung verstärkt, sagte Mertes der Wochenzeitung „Furche“ (aktuelle Ausgabe). Die Kirchenzentrale in Rom erreiche eine Fülle an Anfragen aus allen Teilen der Weltkirche: Darf ich das machen? Darf der das machen? Die Folge sei Überforderung, warnte Mertes. „Der einzige Weg, aus dieser Falle herauszukommen, ist die massive Stärkung subsidiärer Entscheidungszuständigkeiten (…), damit die Spitze nicht erstickt.“

Wenn „jeder Außenseiter anonym die Zentrale mit Kleinigkeiten vor Ort befassen kann, dann implodiert der ganze Laden“, so Mertes. Es müsse möglich sein, in bestimmten Ländern Entscheidungen zu treffen, ohne dass sie von der Kirche global übernommen werden. „Wenn alles nur global entschieden und jede kulturelle Pluralität negiert wird, dann wird die Kirche sich auf einen sektiererischen Kern reduzieren, der sich für die wahre Kirche hält.“ Manche hielten das für ein Gesundschrumpfen, er selbst „für einen Verrat am Sendungsauftrag der Kirche“.

Mertes zeigt sich optimistisch

Auf die Frage, ob der Reformprozess des Synodalen Wegs in Deutschland, angestoßen durch die MHG-Studie über sexuellen Missbrauch in der Kirche, zu Ergebnissen führen werde, zeigte sich Mertes optimistisch. Ein Großteil der Bischöfe habe sich von dem Studienergebnis beeindrucken lassen, „dass das institutionelle Problem mit dem Missbrauch tiefe systemische Ursachen hat“. Diese hingen wiederum mit Schlüsselthemen zusammen, „die schon seit Jahrzehnten auch Reformthemen sind“. Der Jesuit nannte hier Macht in der katholischen Kirche, Beteiligung von Frauen, Sexualmoral und Priesteramtsverständnis.

Noch vor wenigen Jahren habe er sich nicht vorstellen können, „dass katholische Bischöfe dafür plädieren, homosexuelle Paare zu segnen, oder dass Bischöfe sagen: Die Argumente gegen die Zulassung von Frauen zu Priesterweihe leuchten mir nicht mehr ein.“ Sein Eindruck sei, „dass jedenfalls in der deutschen Kirche tatsächlich Themen enttabuisiert worden sind“. Dass diese Entwicklung in anderen Gegenden der Weltkirche und in Rom mit Argusaugen betrachtet werde, verstehe er, so der Jesuit: „Je weiter der Reformprozess vorangeht, desto tiefer wird auch die Spaltung. Je schwieriger es ist, zu leugnen, dass es da Struktur-Probleme gibt, desto härter wird die Verleugnung.“

kna