Zur Schaffung von mehr sozialer Gerechtigkeit hält der Tübinger Sozialethiker Matthias Möhring-Hesse eine höhere Erbschaftssteuer für sinnvoll.
Osnabrück – Zur Schaffung von mehr sozialer Gerechtigkeit hält der Tübinger Sozialethiker Matthias Möhring-Hesse eine höhere Erbschaftssteuer für sinnvoll. „Bei der Erbschaftssteuer müssten wir meines Erachtens bis an die Grenzen dessen gehen, was verfassungsrechtlich möglich ist. Davon sind wir in Deutschland noch sehr weit entfernt“, sagte er den Zeitungen der Verlagsgruppe Bistumspresse (Sonntag) in Osnabrück anlässlich der bevorstehenden Bundestagswahl. Erbschaften erzeugen nach Auffassung des Theologen eine immer größere soziale Ungleichheit. Die Erbschaftssteuer sei ein wirksames Instrument zur Herstellung von gleichwertigeren Lebensverhältnissen.
Die Idee, den Spitzensteuersatz zu erhöhen, bezeichnete Möhring-Hesse aus Gerechtigkeitsgründen als richtig. „Man kann die Mehrheit der Steuerzahler auf Dauer nicht bei der Stange halten, wenn sie sehen, dass Einkommensstärkere nicht ihrem Leistungsvermögen entsprechend belastet werden.“ Nur mit höheren Spitzensteuersätzen ließen sich die öffentlichen Haushalte aber nicht komplett ausgleichen.
Der Sozialethiker sprach sich auch für wohnungspolitische Regulierungen aus. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Berliner Mietpreisbremse habe deutlich gezeigt, dass der Bund in der Pflicht sei, den Kommunen und Städten Instrumente an die Hand zu geben, um die Wohnraumversorgung für die Menschen zu sichern, die ein geringes und durchschnittliches Einkommen haben. „Bei der Wohnungsversorgung macht der Markt nicht alles gut, sondern sorgt für wachsende Ungerechtigkeiten.“
Beim Arbeitslosengeld plädierte Möhring-Hesse für bessere Hinzuverdienstregeln. „Damit Menschen wieder vollständig zurück auf den Arbeitsmarkt finden, muss man weichere Übergänge schaffen.“ Nicht jeder hinzuverdiente Euro solle gleich von den Leistungen wieder abgezogen werden.
Die Philosophie von Hartz IV ist nach Einschätzung von Möhring-Hesse repressiv und hat sich nicht bewährt. Als Beispiele nannte er „die ständigen Sanktionsdrohungen“ und den starken Druck, „schnell wieder in Beschäftigung zu kommen, um fast jeden Preis“. In der Pandemie seien diese Teile der Hartz-IV-Reformen außer Kraft gesetzt worden – „und siehe da, man hat damit gute Erfahrungen gemacht“.