Papst Franziskus hat der bisherigen Spitze der geistlichen Gemeinschaft „Memores Domini“ die Führung entzogen.
Vatikanstadt – Papst Franziskus hat der bisherigen Spitze der geistlichen Gemeinschaft „Memores Domini“ die Führung entzogen. Als Sonderbeauftragten ernannte das Kirchenoberhaupt am Freitag den Erzbischof von Tarent, Filippo Santoro, zum neuen Leiter mit allen Vollmachten. Ab Samstag werde Santoro vorübergehend und bis auf Widerruf die Gemeinschaft führen, „um ihr Charisma und die Einheit der Mitglieder zu wahren“, teilte der Vatikan mit.
Überprüfung durch den Vatikan
Hintergrund war eine vom Vatikan angeordnete Überprüfung der Laiengemeinschaft im vergangenen Jahr durch den italienischen Jesuiten und Kirchenrechtler Gianfranco Ghirlanda. Dabei ging es um die Statuten sowie um den Führungsstil der Gruppe. Ghirlanda ist Mitglied des zuständigen Laien-Dikasteriums und steht Santoro künftig als kirchlicher Assistent zur Seite.
In dem vatikanischen Dekret aus dem vergangenen Jahr war insbesondere eine Trennung zwischen der Leitung und der geistlichen Begleitung der Mitglieder angemahnt worden. Privatsphäre und persönliche Freiheiten müssten gewahrt sein. So sieht das Kirchenrecht unter anderem vor, dass Priester Gläubigen nicht die Beichte abnehmen dürfen, wenn sie deren Vorgesetzte sind. Andernfalls gilt es als Anzeichen geistlichen Missbrauchs. Der Vatikan hatte offenbar die Gemeinschaft wiederholt und erfolglos aufgefordert, Statuten und Leitungsstruktur zu reformieren.
1988 vom Heiligen Stuhl anerkannt
Die Laienvereinigung „Memores Domini“ wurde 1964 in Mailand gegründet und 1988 vom Heiligen Stuhl als eine internationale Vereinigung von Gläubigen päpstlichen Rechts anerkannt. Geistiger Vater ist Luigi Giussani (1922-2005), Gründer der Bewegung „Comunione e Liberazione“. „Memores Domini“ zählt weltweit etwa 1.600 Mitglieder in 32 Ländern.
Die Mitglieder leben gemeinschaftlich in Häusern, Frauen und Männer getrennt. Zu ihren Regeln zählt die Stille, das persönliche und gemeinsame Gebet, Armut, Gehorsam und Nächstenliebe. Unter anderem führen vier Schwestern der „Memores Domini“ seit vielen Jahren den Haushalt des emeritierten Papstes Benedikt XVI. – zunächst im Apostolischen Palast, später im ehemaligen Kloster „Mater Ecclesiae“.