Die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina fordert eine Impfpflicht in bestimmten Berufen sowie eine Offenlegung des Impfstatus von Arbeitnehmern in Betrieben.
Berlin – Die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina fordert eine Impfpflicht in bestimmten Berufen sowie eine Offenlegung des Impfstatus von Arbeitnehmern in Betrieben. Die Corona-Pandemie habe „mit der vierten Welle wieder stark an Dynamik gewonnen“, heißt es in einer neuen Stellungnahme der Wissenschaftler, über die der „Spiegel“ am Mittwoch vorab berichtet. In der Arbeitsschutzverordnung brauche es „eine angemessene Regelung zur Offenlegung des Impfstatus“, heißt es in der Stellungnahme. Bislang ist es aus datenschutzrechtlichen Gründen den meisten Arbeitgebern nicht erlaubt, die Bediensteten zu befragen, ob sie geimpft sind.
Die 2G-Regel, wonach nur geimpfte oder genesene Menschen Zutritt zu Veranstaltungen bekommen, solle „eine größere Geltungsreichweite“ erhalten, fordert die Akademie. Gleichzeitig wollen die Wissenschaftler „Impfpflichten für Multiplikatoren“. Dahinter verbergen sich nicht nur Pflegekräfte. Auch Lehrpersonal oder andere Berufsgruppen mit viel Kontakt zu anderen Menschen sollten nach Leopoldina-Auffassung verpflichtend geimpft sein.
Das Corona-Virus werde sich „langfristig als endemisches Virus etablieren, das heißt dauerhaft in Teilen der Bevölkerung zirkulieren“, erwarten die Experten. Auch nach dem Abklingen der Pandemie würden sich Menschen infizieren, was zu schweren Verläufen und Todesfällen führen könnte. Deshalb fordert die Leopoldina die Erforschung und Entwicklung antiviraler Medikamente zur Behandlung einer bereits ausgebrochene Covid-Erkrankung.
Die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker schloss unterdessen eine Impfpflicht nicht aus. Mit Blick auf den Karnevalsauftakt versicherte sie, die Stadt Köln werde ein möglichst sicheres Feiern am 11.11. ermöglichen. „Uns allen ist aber klar, dass es keine absolute Sicherheit geben kann“, sagte Reker dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ (Dienstag). Wegen der stark gestiegenen Corona-Inzidenz hatte der städtische Krisenstab am Montag eine flächendeckende 2G-Regel für den Sessionsauftakt beschlossen.
Reker selbst kann sich unabhängig vom 11.11. auch „2G plus“ vorstellen, also eine Regel, nach der Geimpfte und Genesene nur mit negativem Testergebnis Veranstaltungen besuchen dürfen. „Dann müssten aus meiner Sicht die kostenlosen Bürgertests wieder eingeführt werden.“
Die parteilose Oberbürgermeisterin bezeichnete 2G als „letzten Schritt vor einer Impfpflicht“. Eine solche allgemeine Pflicht werde wohl kommen müssen, sollten sich nicht mehr Menschen für eine Impfung entscheiden. „Ich fürchte, dass wenn wir bis Weihnachten keinen richtigen Schub bei der Impfquote haben, werden wir über eine Impfpflicht für alle diskutieren müssen. Es kann ja jetzt nicht auf Dauer so weitergehen mit den Einschränkungen in unserem Leben.“
Intensivmediziner Christian Karagiannidis forderte, spätestens in der kommenden Woche flächendeckend 2G einzuführen, um die Corona-Zahlen unter Kontrolle zu halten. „Im europäischen Umland hat das eine Menge gebracht“, sagte der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Internistische Intensivmedizin und Notfallmedizin (DGIIN) dem Berliner „Tagesspiegel“.
Es dauere nicht mehr lange, bis die ersten Corona-Intensivpatienten aus den schwer betroffenen Bundesländern Sachsen und Thüringen verlegt werden müssten, weil dort kein Platz mehr sei, so Karagiannidis. Auch 2G und Booster-Impfungen in Apotheken, wie von ihm gefordert, würden die Zahl der Corona-Intensivpatienten bundesweit nicht mehr kurzfristig beeinflussen. „Denn selbst wenn 2G bremst, wird das keine Vollbremsung werden.“