Steinhäuser sorgt zu Advent für Aufsehen

Paukenschlag im krisengeschüttelten Erzbistum Köln: Zum Auftakt in die stimmungsvolle Adventszeit setzt Übergangsleiter Steinhäuser Akzente, nicht nur in Interviews. Dabei nimmt er auch Kardinal Woelki in den Blick.
Paukenschlag im krisengeschüttelten Erzbistum Köln: Zum Auftakt in die stimmungsvolle Adventszeit setzt Übergangsleiter Steinhäuser Akzente, nicht nur in Interviews. Dabei nimmt er auch Kardinal Woelki in den Blick.

Weihbischof Rolf Steinhäuser –Foto: Weyand/Erzbistum Köln

Pünktlich zum Start in den Advent schlägt er Pflöcke ein, hinter die auch Kardinal Rainer Maria Woelki nach seiner Auszeit nicht zurück kann. Weihbischof Rolf Steinhäuser leitet bis Anfang März das krisengeschüttelte Erzbistum Köln und lässt nun Woelkis Zukunft am Rhein offen. Ein Paukenschlag, vergleichbar mit dem Klang des „Decke Pitter“, der mächtigsten Glocke am weltbekannten Dom.Woelki selbst befindet sich derzeit in einer mit dem Papst abgestimmten Auszeit. In Kölner Kirchenkreisen ist zu hören: Noch unmittelbar vor der Abreise hat der Kardinal hier und da durchblicken lassen, dass er zurückkehren wolle und man weiter mit ihm zu rechnen habe.

Keine Zukunft für Woelki im Erzbistum Köln?

Und nun Steinhäusers Interviews in vier Regionalzeitungen und dem Portal domradio.de. Auf die Frage, ob er in seinem künftigen Bericht für Rom möglicherweise keine Zukunft des Bistums mit Woelki sehe, sagt er klar: „Auch das ist denkbar.“ Für manche mag das wie eine Hoffnung klingen, für andere wie eine Drohung. Steinhäusers Linie klingt so: „Ich muss die Lage so schildern, wie ich sie dann wahrnehme.“ Und wie zur Bekräftigung fügt der 69-Jährige hinzu: „Diese Offenheit bin ich mir auch selbst schuldig.“

Klare Worte zum Auftakt in die stimmungsvolle Adventszeit mit Kerzenschein und Tannenduft. Aus kirchlicher Sicht geht es in diesen Wochen aber nicht in erster Linie um Stimmung, sondern um Besinnung. Auch hier hat der Weihbischof zehn Tage zuvor einen eigenen Akzent gesetzt. Bei einer Bußfeier zum kirchlichen Umgang mit Missbrauch stand er in schlichtem Schwarz am Altar. Im Hohen Dom bezeichnete er sich selbst als „Chef der Täterorganisation Erzbistum Köln“. Von Woelki ist das so oder ähnlich noch nicht verzeichnet. Der Kardinal verwies bislang eher auf juristisch sauberes Vorgehen – und auf Fehler im Bereich der Kommunikation.

Steinhäuser setzt betont auf Gespräche

Ein dritter Pflock: Steinhäuser setzt betont auf Gespräche, hört ausführlich zu, fragt interessiert nach. Und bringt auch schon mal einen Psychologen als Moderator mit, wie zuletzt bei einem Treffen mit dem Pastoralrat der Erzdiözese. Zusammen mit den Gremien gelte es, einen Kriterienkatalog mit Erwartungen zu formulieren, „die wir an den Kardinal haben“. Das Zeitfenster nach dessen Rückkehr beschreibt Steinhäuser als relativ eng: „Danach wird klar sein, welche Chancen ihm die Leute geben und wie sie sich dann positionieren.“

Der Übergangsleiter an der Spitze des mächtigen Erzbistums weist sogar das Wort von einer Probezeit für Woelki nicht in Bausch und Bogen zurück: „Kirchenrechtlich gibt es die nicht, faktisch schon. Rom wird auch genau hingucken.“ Zu der Sichtweise vom Tiber Richtung Rhein wird er selbst maßgeblich beitragen. „Eine klare, ungeschönte Rückmeldung gehört selbstverständlich zu meinen Aufgaben.“

Ich soll das mir Mögliche tun, dem Kardinal einen Wiedereinstieg zu ermöglichen. Das ist der Auftrag des Papstes. Ob das realistisch ist, vermag ich nicht zu sagen. Eine Wette darauf würde ich noch nicht annehmen.“

Das Erzbistum mit knapp zwei Millionen Katholiken taumelt durch eine enorme Vertrauenskrise. Die Kirchenaustritte bleiben weiterhin hoch, selbst treue Kirchgänger zeigen sich frustriert. Vor allem die Umstände der Missbrauchsaufarbeitung haben zu dieser Krise geführt. Papst Franziskus erklärte nach einer Untersuchung im Sommer, Woelki habe „große Fehler“ vor allem in der Kommunikation gemacht, aber keine Verbrechen vertuschen wollen.

Nun ist Steinhäuser als langjähriger Weihbischof an Woelkis Seite weder ein Revoluzzer noch illoyal. So betont der Kirchenmann mit den grauen Locken auch: „Ich soll das mir Mögliche tun, dem Kardinal einen Wiedereinstieg zu ermöglichen. Das ist der Auftrag des Papstes.“ Und dann wieder ein Nachklapp: „Ob das realistisch ist, vermag ich nicht zu sagen. Eine Wette darauf würde ich noch nicht annehmen.“

Konflikte noch nicht gelöst, aber Gesprächsbasis geschaffen

Mitten in der Kölner Winterkälte bringt Steinhäusers Stil ganz zaghafte Blüten hervor. Der Pastoralrat spricht von einem neuen Stil des Miteinanders. „Seine zugewandte und offene Art hat entscheidend zum Gelingen beigetragen“, sagte der Wuppertaler Stadtdechant Bruno Kurth nach einer Sitzung. Dabei kehrt Steinhäuser Spannungen nicht unter den Teppich. Konflikte etwa zwischen Diözesanrat und Bistumsleitung seien nicht gelöst, aber inzwischen (!) gebe es eine gute Gesprächsbasis. „Ob das bleibt, wenn Kardinal Woelki wieder da ist, dazu kann ich jetzt nichts sagen“, so der Weihbischof in Interviews mit „Kölner Stadt-Anzeiger“, „Kölnische Rundschau“, „Rheinische Post“, „General-Anzeiger“ und dem Portal domradio.de.

Darin bezeichnet Steinhäuser seinen Auftrag als „eine Art ‚mission impossible'“. Ihm kommt es darauf an, einen anderen Umgangsstil einzuüben „und zu hoffen, dass das bleibt“. Und dann: „Wir müssen uns mit einer anderen Haltung begegnen.“ Offenbar wieder so ein Pflock – und eine Adventsbotschaft des sogenannten Administrators an alle im Erzbistum. Auch wenn sie gerade unterwegs oder in einer Auszeit sein sollten.

Von Thomas Winkel (KNA)

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