Welche Chancen haben die Reformbeschlüsse des Synodalen Wegs? -Nicht alle Veränderungen brauchen Zustimmung aus Rom.
Frankfurt – Bei der Versammlung des Synodalen Wegs in Frankfurt wurden in der vergangenen Woche Beschlüsse zu Reformen in der Kirche gefasst. Manches davon kann bald realisiert werden, anderes steht erst am Anfang. „Gut Ding will Weile haben“, heißt es in einem Sprichwort – und das gilt auch für die Reformen des Synodalen Wegs. Immerhin drei Texte hat die Versammlung bereits in Zweiter Lesung und damit abschließend beraten und beschlossen, mit der satzungsgemäß zusätzlich erforderlichen Zweidrittel-Mehrheit der Bischöfe.
Text beruft sich ausdrücklich auf Papst Franziskus
Der erste und grundsätzlichste, der sogenannte Orientierungstext, ist ein rein theologisches Papier, das aber Konsequenzen für alle anderen Reformideen hat. Denn es geht darum, aus welchen Quellen die Kirche ihre Glaubenswahrheiten schöpft. Und da kommen jetzt zu den bekannten Quellen Bibel, Tradition und Lehramt weitere hinzu: die theologische Wissenschaft, die „Zeichen der Zeit“ und der „Glaubenssinn des Volkes Gottes“. Vermutlich wäre eine solche Öffnung des kirchlichen Quellenregisters noch vor wenigen Jahren von der Glaubenskongregation abgeschmettert worden – doch derzeit ist aus Rom kein Veto zu diesem Vorstoß zu erwarten.
Ähnliches gilt für einen zweiten Grundlagentext zum Thema Macht in der Kirche. Er stellt die überlieferte Hierarchie („Heilige Machtordnung“) zwar nicht komplett infrage, räumt aber den Laien Mitspracherechte ein. Die Prinzipien des demokratischen Rechtsstaats sollen nun Maßstab für die Kirche sein – ohne dass die Kirche selbst zu einer Mehrheits-Demokratie umgebaut wird. Sie soll vielmehr eine „synodal verfasste“ Institution werden. Dies dürfte auch den Segen von Papst Franziskus bekommen, auf den der Text sich ausdrücklich beruft.
Als erster konkreter „Handlungstext“ wurde ein Papier abschließend beraten und beschlossen, das durch einen Trick mehr Beteiligung der Laien an der Bischofswahl ermöglichen soll. Konkret soll das in vielen Teilen Deutschlands bestehende Mitspracherecht der jeweiligen Domkapitel so ausgeweitet werden, dass die Domkapitel künftig auch die Laien an der Auswahl der Kandidaten beteiligen. Da die Sonderrechte der Domkapitel meist in Konkordaten geregelt sind, ist die größte Hürde eine möglicherweise erforderliche Anpassung der Konkordatstexte. Vielleicht ist aber auch eine möglichst flexible Auslegung der bestehenden Konkordate der Königsweg zur Umsetzung dieser Reform. Auch hier also eher keine Bremse aus Rom!
Beim Zölibat steht die Tür einen Spalt weit offen
Ähnliches gilt für einige Texte, die in Frankfurt bislang nur in Erster Lesung verabschiedet wurden und die im September endgültig über die Bühne gehen sollen. Dazu zählen eine straffere Überwachung von Missbrauchstätern und Änderungen im kirchlichen Arbeitsrecht. Letzteres hat, weil die Kirche ein sehr großer Arbeitgeber ist, immer wieder für Ärgernis gesorgt – etwa wenn ein in zweiter ziviler Ehe oder offen homosexuell lebender kirchlicher Angestellter wegen der „persönlichen Lebensführung“ seinen Job verlor. Auch dies können die deutschen Bischöfe ohne vatikanische Mitsprache ändern.
Kniffliger wird es bei allem, was mit Sexualität und mit Gleichberechtigung der Geschlechter zu tun hat. Halbwegs reale Chancen haben dabei noch die beiden Beschlüsse zur Lockerung des Zölibats und zur Zulassung von Frauen vom Diakonenamt. In beiden Fällen müssten die Deutschen Bischöfe in Rom um Sondergenehmigungen bitten. Beim Thema Zölibat hatte sich bereits im Jahr 2019 die Weltbischofssynode in Rom für Lockerungen ausgesprochen, um bei akutem Priestermangel wenigstens eine Grundversorgung mit Sakramenten zu ermöglichen. Da inzwischen einige Bistümer in Deutschland, vor allem im Norden und im Osten, ähnlich dramatische Mangelzahlen aufweisen und weil durch einige Übertritte verheirateter evangelischer Pfarrer zur katholischen Kirche auch heute schon etliche verheiratetet Priester in Deutschland wirken, steht diese Tür immerhin einen Spalt weit offen.
Ähnliches gilt auch für das Frauendiakonat. Hier hat Papst Franziskus wiederholt seine prinzipielle Offenheit durchblicken lassen. Die Chancen, dass er es für Deutschland auf dem Weg einer Sondergenehmigung zulassen würde, wie der Synodale Weg dies wünscht, sind zwar gering, aber völlig ausgeschlossen scheint das nicht. Auf absehbare Zeit sehr unwahrscheinlich scheint hingegen ein römisches Placet für die Beschlüsse des Synodalen Wegs zur Sexualität sowie zu katholischen Segensfeiern für homosexuelle Paare. Zu eklatant wäre hier der Bruch mit der überlieferten Lehre und auch in Richtung der Ostkirchen.
Änderung der Strafbestimmung in Angriff genommen werden.
Deshalb lautet die spannende Frage nicht, ob Rom (also letztlich der Papst) dem zustimmt, sondern ob eine der vatikanischen Behörden mit Ermahnungen oder gar Strafen gegen einen Bischof vorgehen würde, der solche Segensfeiern dulden oder sogar explizit erlauben würde. Falls Rom hier tatenlos zuschaut – so wie unlängst bei der deutschlandweiten Aktion „Liebe gewinnt“ – dürfte sich ein deutschlandweiter „Flickenteppich“ herausbilden: Die Bistümer hätten dann in dieser Frage unterschiedliche Handhabungen und Einzelvorschriften. Keine römische Toleranz ist hingegen bei der vom Synodalen Weg gewünschten Zulassung von Frauen zum Priester- und Bischofsamt zu erwarten. Hier schreibt das Kirchenrecht unmissverständlich vor, dass schon der Versuch, eine Frau zum Priester zu weihen, automatisch zur Exkommunikation führt. Bevor hier Bewegung möglich wird, müsste als erstes eine Änderung dieser Strafbestimmung in Angriff genommen werden.