Vor dem Hintergrund der weltweiten Versorgungskrise durch den Krieg in der Ukraine mehren sich die Forderungen nach größerer Unterstützung für die ärmeren Länder.
Bonn/Berlin – Vor dem Hintergrund der weltweiten Versorgungskrise durch den Krieg in der Ukraine mehren sich die Forderungen nach größerer Unterstützung für die ärmeren Länder. Bereits vor Beginn des Krieges sei die Lebensmittelversorgung in Teilen Afrikas und dem Nahen Osten aufgrund von Klimakrise, bewaffneten Konflikten und Corona-Pandemie angespannt gewesen, sagte die Abteilungsleiterin des Hilfswerks Misereor für Afrika und den Nahen Osten, Dorothee Klüppel, der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).
Nahrungsmittel durch Ukraine-Krieg „drastisch“ verteuert
Dabei gebe es aktuell auf der Welt zwar nicht zu wenig Nahrung, aber arme Menschen könnten sich die durch den Ukraine-Krieg „dramatisch“ verteuerten Nahrungsmittel nicht mehr leisten, so Klüppel weiter. Wenn nun etwa Getreide für die weltweite Ernährung fehle, liege dies auch daran, dass Weizen als Futtermittel und Energieträger verwendet werde. „In Deutschland werden mit rund zwei Dritteln des Getreides nicht Menschen, sondern Tiere ernährt“, erklärte Klüppel. Sie forderte daher, weniger Getreide für die Produktion tierischer Nahrungsmittel zu verwenden, um die Preise zu senken.
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Die Expertin warnte in diesem Zusammenhang auch vor Unruhen, wie etwa im sogenannten Arabischen Frühling in den Jahren 2010 bis 2012: „Die Unruhen, die damals weite Teile des Nahen Ostens umgetrieben haben, hingen auch mit einer dramatischen Preissteigerung zusammen“. Die aktuellen Preissteigerungen seien sogar noch höher als damals.
Aus Preisschock darf keine Destabilisierung entstehen
Aus Sicht des Direktors der Deutschen Sektion des UN-Welternährungsprogramms WFP, Martin Frick, brauche es nun dringend finanzielle Unterstützung für die betroffenen Länder, „damit aus dem Preisschock keine Destabilisierung wird“. Mittelfristig müsse es darum gehen, den Selbstversorgungsgrad ärmerer Länder zu erhöhen, sagte Frick dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Donnerstag). In vielen Ländern sei lange darauf gesetzt worden, vor allem für den Export zu produzieren und Lebensmittel vom Weltmarkt zu beziehen. „Diese Logik muss man überdenken“, so Frick.
Derweil forderte Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) mehr Geld für ihr Ministerium. Die im Haushalt für das WFP eingeplanten 28 Millionen Euro etwa würden nicht ausreichen, sagte Schulze im Bundestag. Der Haushaltsentwurf der Bundesregierung sieht bislang Kürzungen des Entwicklungsetats um 1,57 Milliarden Euro im laufenden Jahr vor. Dem Ministerium ständen dann mit rund 10,8 Milliarden Euro etwa 12 Prozent weniger Mittel zur Verfügung als im vergangenen Jahr.
Dringende Korrekturen gefordert
Bereits vor dem Ukraine-Krieg seien die Herausforderungen groß gewesen, so Schulze weiter. Die Corona-Pandemie sei für die ärmsten Länder eine Polypandemie geworden mit gesundheitlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen. Hinzu komme der Klimawandel, von dem die ärmsten Länder der Welt am härtesten betroffen seien. Die Folge seien Dürren, Stürme Überschwemmungen und Missernten.
Der Forderung nach Verzicht auf den geplanten Streichungen schlossen sich Vertreter der Fraktionen von CDU/CSU, Grünen, FDP und Linken an. Auch der Verband Entwicklungspolitik und Humanitäre Hilfe (Venro) verlangte dringende Korrekturen.