Neuer Paukenschlag im krisengeschüttelten Erzbistum Köln: Der Generalvikar von Kardinal Rainer Maria Woelki, Markus Hofmann (54), tritt zurück. Zugleich gibt es ein Problem um die Hochschul-Stiftung der Erzdiözese.
Köln –Neuer Paukenschlag im krisengeschüttelten Erzbistum Köln: Der Generalvikar von Kardinal Rainer Maria Woelki, Markus Hofmann (54), tritt zurück. Zugleich gibt es ein Problem um die Hochschul-Stiftung der Erzdiözese. Bei einem verwaltungsmäßigen Routinevorgang im Stiftungsbereich sei eine „vertragliche Regelung ungewöhnlichen Inhalts“ bekannt geworden sei, teilte Kardinal Rainer Maria Woelki am Freitag mit. Diese entfalte für das Erzbistum und die Stiftung „eine erhebliche und langfristige wirtschaftliche Bindungswirkung“ und sei „bisher bei keiner der Körperschaften bilanziert“.
Stiftung sollte Finanzierung sicherstellen
Ein Sprecher des Erzbistums wollte aus persönlichkeitsrechtlichen Gründen nicht mitteilen, um welche Stiftung es sich handele. Wie die Katholische Nachrichten-Agentur (KNA) aus Kirchenkreisen erfuhr, geht es um die „Stiftung zur Förderung von Bildung, Wissenschaft und Forschung im Erzbistum Köln“. Sie wurde gegründet, um Anfang 2020 die Trägerschaft der Kölner Hochschule für Katholische Theologie (KHKT) zu übernehmen. Die Einrichtung wurde ursprünglich von den Steyler Missionaren in Sankt Augustin betrieben.
Woelki sicherte seinen Gremien damals zu, dass keine Kirchensteuermittel für die Hochschule aufgewendet werden sollen. Stattdessen solle die Stiftung durch Großspender und Fundraising eine „Finanzierung von außen“ sicherstellen. Langfristig ist von einem Bedarf von acht bis zehn Millionen Euro pro Jahr die Rede. Die Mittel zur Anschubfinanzierung wurden aus dem sogenannten BB-Fonds entnommen, über den der Erzbischof verfügen kann und aus dem auch die Zahlungen an Missbrauchsbetroffene erfolgen. Der Topf reicht nach Informationen der KNA für die kurz- und mittelfristige Finanzierung nicht aus.
Vorläufiger Höhepunkt eines Finanzdesasters
Es geht um viel Geld. Der am Wochenende angekündigte Rückzug des Kölner Generalvikars Markus Hofmann ist der vorläufige Höhepunkt eines Finanzdesasters, das auch seinen Chef, Kardinal Rainer Maria Woelki, betrifft. Es geht um die Kölner Hochschule für Katholische Theologie (KHKT), die das Erzbistum vor zwei Jahren von den Steyler Missionaren übernommen hat – und zwar ohne zu klären, woher das Geld für die Einrichtung dauerhaft kommen wird. Die KHKT ist ein Lieblingsprojekt von Woelki, für das er sich persönlich engagiert hat. Beobachter sehen in dem Aufbau der Hochschule den Versuch, eine konservativ profilierte Einrichtung neben der eher liberalen Katholisch-Theologischen Fakultät an der Uni Bonn aufzubauen, mit der Woelki wegen Stellenbesetzungen in Konflikt geraten war.
Im Sommer 2019 hatte Woelki persönlich den Kirchensteuer- und Wirtschaftsrat seines Erzbistums über seine Absicht informiert, die Träger-Stiftung zu gründen, wie aus der KNA vorliegenden Auszügen von Sitzungsprotokollen hervorgeht. Dabei sagte er offenbar zu, dass für die Hochschule keine Kirchensteuermittel verwendet würden. „Die Finanzierung ist für das Erzbistum ergebnisneutral“, hieß es. Die Stiftung werde eine „Finanzierung von außen“ sicherstellen – durch Großspender und Fundraising. Um aber die Hochschule zunächst für sechs Jahre weiterzuführen, würden Gelder aus dem sogenannten BB-Fonds fließen.
Durch Abgaben von Kölner Klerikern gebildetes Sondervermögen
Dabei handelt es sich um ein über Jahrzehnte durch Abgaben von Kölner Klerikern gebildetes Sondervermögen, über das der Erzbischof persönlich verfügen kann. Aus demselben Topf erhalten die Missbrauchsopfer ihre Zahlungen. Auch die umstrittenen 2,8 Millionen Euro für Gutachter und PR-Berater im Zuge der Missbrauchsaufarbeitung hat Woelki daraus bezahlt.
Dem Kirchensteuer- und Wirtschaftsrat wurde gesagt, dass die Hochschule jährlich mit 1,2 Millionen Euro bezuschusst werden solle; als Gesamtsumme für die kommenden sechs Jahre wurden 7,2 Millionen Euro genannt. Damals enthielt der BB-Fonds noch mehr als 20 Millionen Euro. Doch inzwischen bekommt die von Sankt Augustin nach Köln verlegte Hochschule laut den Wirtschaftsplänen des Erzbistums für 2021 und 2022 bereits über drei Millionen Euro pro Jahr. Bliebe es bei diesem Kostenvolumen, bedürfte es zur gesamten Anschubfinanzierung mehr als 17 Millionen Euro. Zum 31. Dezember 2020 enthielt der BB-Fonds aber nur noch 16,8 Millionen Euro.
Hochschul-Kanzlerin sollte neue Mittelfristfinanzplanung vorlegen
Angesichts dieser Entwicklung sollte die Stiftungs-Geschäftsführerin und Hochschul-Kanzlerin Martina Köppen bis Ende Februar des laufenden Jahres eine neue Mittelfristfinanzplanung vorlegen. Die Juristin kennt der Kardinal persönlich seit langem; sie leitete früher das Katholische Büro Berlin-Brandenburg. Woelki holte sie für das Hochschulprojekt an den Rhein. Eine vermutlich von Köppen erdachte Vertragskonstruktion für das Projekt hat nun offenbar den Finanzchef und die Justiziarin des Erzbistums in Alarmbereitschaft versetzt.
Sie stellten eine „vertragliche Regelung ungewöhnlichen Inhalts“ fest, „die sowohl für das Erzbistum Köln als auch für die Stiftung eine erhebliche und langfristige wirtschaftliche Bindungswirkung entfaltet und bisher bei keiner der Körperschaften bilanziert ist“, wie es in der Pressemitteilung zum angekündigten Rückzug Hofmanns heißt. Wie es scheint, ist es Köppen nicht gelungen, ausreichend Mittel „von außen“ zu generieren. Langfristig ist von einem Bedarf von acht bis zehn Millionen Euro die Rede – Jahr für Jahr. In der Dezember-Sitzung des Kirchensteuer- und Wirtschaftsrates wurde Skepsis bekundet, ob eine solche Summe durch Sponsoren aufzubringen sei. Das Protokoll zitiert Forderungen, wonach der Rat „im Vorfeld“ in die Beschlussfassung einzubeziehen sei, falls die Hochschule künftig doch noch aus Kirchensteuermitteln finanziert werden solle.
Woelki trägt besondere Verantwortung für Finanzen
Woelki ist Großkanzler der Hochschule. Laut Statuten kommt ihm damit auch mit Blick auf die Finanzen besondere Verantwortung zu. In Artikel 2 heißt es, dass er der Bildungskongregation im Vatikan „alle fünf Jahre zusammen mit der eigenen Stellungnahme einen detaillierten Bericht über die Lehr- und sonstige Tätigkeit der Hochschule sowie über ihre finanzielle Lage und die strategische Entwicklungsplanung“ vorzulegen habe.
Woelki kündigte jetzt an, dass die Verwaltung „professionalisiert“ wird. „Dieser Systemwechsel erfordert auch personelle Änderungen. Darum hat Generalvikar Hofmann mir angeboten, sein Amt neu zu besetzen“, erklärte der Erzbischof. Künftig werde es drei Geschäftsbereiche geben: Seelsorge, Finanzen und Verwaltung. Zudem solle ein Verwaltungsexperte als Amtschef eingeführt werden. „Beide Maßnahmen entlasten das Amt des Generalvikars“, so der Erzbischof.
Angelegenheit werde rechtlich und wirtschaftlich geprüft
Hofmann ist seit 1. Mai 2018 Verwaltungsleiter in Deutschlands mitgliederstärkster Diözese. Während der vor kurzem beendeten Auszeit von Woelki stand er als sogenannter Delegat auf Wunsch des Vatikan weiter der Bistumsverwaltung vor. Als Übergangsleiter Rolf Steinhäuser offenlegte, dass Woelki und sein Generalvikar im Zuge der Missbrauchsaufarbeitung für Juristen und PR-Experten 2,8 Millionen Euro ausgegeben und dabei möglicherweise Gremien übergangen und das Kirchenrecht missachtet haben, bot Hofmann seinen Rücktritt an, den Rom aber ablehnte.
Mit Blick auf die „vertragliche Regelung ungewöhnlichen Inhalts“ erklärte das Erzbistum, Finanzdirektor Gordon Sobbeck und Justiziarin Heike Gassert hätten Woelki am Donnerstag die Erkenntnisse präsentiert und am Freitag den Kirchensteuer- und Wirtschaftsrat, den Vermögensrat sowie den Prüfungsausschuss informiert. Die Angelegenheit werde nun rechtlich und wirtschaftlich geprüft.