Geborgenheit – Wie sie in unsicheren Zeiten nicht verloren geht

Ein Duft. Ein Musikstück. Eine vertraute Stimme. Es sind meist kleine Dinge, durch die sich wie von selbst das wohligwarme Gefühl von Geborgenheit einstellt. In Krisenzeiten sind diese Momente besonders kostbar.
Ein Duft. Ein Musikstück. Eine vertraute Stimme. Es sind meist kleine Dinge, durch die sich wie von selbst das wohligwarme Gefühl von Geborgenheit einstellt. In Krisenzeiten sind diese Momente besonders kostbar.  Bonn – Geborgenheit - ein Wort, das sofort bestimmte Vorstellungen weckt. Die behagliche Stube der Großeltern, die Parfümnote einer geliebten Person, die man im Vorbeigehen an einem Kleidungsstück wahrnimmt, die Mahlzeit, die nur hier so schmeckt. Geborgenheit ist nicht dasselbe wie Gemütlichkeit, Vertrautheit oder Wonne - und doch ist sie ein bisschen von alldem, empfindet man sie bisweilen auch, wenn man nach einer langen Sendepause wieder eine vertraute Stimme hört oder in der Fremde ein bekanntes Gesicht entdeckt.

–Symbolfoto:Oliver Peters/Pixabay

Ein Duft. Ein Musikstück. Eine vertraute Stimme. Es sind meist kleine Dinge, durch die sich wie von selbst das wohligwarme Gefühl von Geborgenheit einstellt. In Krisenzeiten sind diese Momente besonders kostbar.

Geborgenheit – ein Wort, das sofort bestimmte Vorstellungen weckt. Die behagliche Stube der Großeltern, die Parfümnote einer geliebten Person, die man im Vorbeigehen an einem Kleidungsstück wahrnimmt, die Mahlzeit, die nur hier so schmeckt. Geborgenheit ist nicht dasselbe wie Gemütlichkeit, Vertrautheit oder Wonne – und doch ist sie ein bisschen von alldem, empfindet man sie bisweilen auch, wenn man nach einer langen Sendepause wieder eine vertraute Stimme hört oder in der Fremde ein bekanntes Gesicht entdeckt.

Vor 18 Jahren wurde das Wort „Geborgenheit“ zum zweitschönsten der deutschen Sprache gewählt; in vielen Sprachen gibt es keine direkte Entsprechung. Ableiten lässt es sich vom Verb „bergen“ – ein Hinweis auf die Bedeutung, sich behütet, beschützt, bewahrt zu fühlen. Eines der bekanntesten modernen Kirchenlieder, „Von guten Mächten wunderbar geborgen“, deutet diese Empfindung religiös: „Getröstet wunderbar“ erwarten die Singenden „getrost, was kommen mag“.

Laut Befragungen nennen Menschen vor allem die Begriffe „Sicherheit“ und „Wärme“, um zu erklären, was Geborgenheit für sie bedeutet. Das könnte damit zusammenhängen, dass manche die Zeit im Mutterleib als Inbegriff von Geborgenheit betrachten. Dementsprechend spielt das Thema eine wichtige Rolle in der Erziehung: Wenn Kinder sich geborgen und sicher fühlen, trägt das zu einer stabilen Entwicklung ihrer Persönlichkeit bei. Auch eine heiße Tasse Tee, ein entspannendes Bad oder eine innige Umarmung vermitteln Wärme – und werden ebenfalls mit Geborgenheit assoziiert.

Als entscheidender Faktor für Glück und Zufriedenheit wird in Umfragen immer wieder die Verbundenheit mit anderen Menschen genannt – etwas, das in den langen Corona-Monaten häufig fehlte. Haustiere könnten ebenfalls Geborgenheit schenken, sagte der Pädagoge Udo Baer kürzlich im WDR: Wer eines habe, der wisse, „wie beglückend es ist, mit dem gleichmäßigen Schnurren einer Katze einzunicken oder, im Gegenteil, mit lautem, freudigem Gebell an der Haustür empfangen zu werden“.

Menschen wollen sich aufgehoben fühlen, sowohl in Beziehungen als auch an einem Ort wie ihrem Zuhause oder in der Natur. Das erklären die Psychologin Doris Wolf und die Soziologin Maja Günther auf dem Portal psychotipps.com. Sie empfehlen, gezielt Orte zu besuchen und sich mit Menschen zu umgeben, die dieses Gefühl wachrufen. In Krisen könne es helfen, sich zu fragen, wann man sich früher einmal geborgen gefühlt habe – und das möglichst konkret: „Was hast du in der Situation gesehen, gehört, gespürt, geschmeckt?“ Und: Wie lässt sich ein solcher Moment möglicherweise wiederholen?

Und auch die Erinnerung selbst birgt Potenzial. „Gute alte Sachen“ gäben Auftrieb, sagte die Trauerbegleiterin Mechthild Schroeter-Rupieper einmal der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA): „Kinderfilme ansehen, mal wieder einen Brief per Hand schreiben, Spiele spielen – gerade die, die nicht viel Aufwand erfordern, wie Kniffel oder Stadt-Land-Fluss.“ In Fotoalben oder auf Dias haben viele Menschen ebenfalls „die guten alten Zeiten“ festgehalten – in ihnen zu blättern, biete „eine Auszeit vom Alltag“, erklärte einmal Katrin Bauer, die als Volkskundlerin am Bonner LVR-Institut für Landeskunde zu Fotoalben als „Archiv des Alltags“ forscht.

Im Alltag können kleine, feste Rituale zu einem ruhigeren, gelasseneren Grundgefühl beitragen – sie wirken wie kleine Fixpunkte im Trubel von Arbeit, Besorgungen und einer bedrückenden Weltlage. Den vermeintlichen Kleinigkeiten mehr Aufmerksamkeit zu schenken, hat nach Einschätzung von Fachleuten häufig eine große Wirkung.

Das Glück finde sich häufig in „Mini-Momenten“, so ein Rat der selbst ernannten „Glücksministerin“ Gina Schöler. Diese Situationen ließen sich bewusst wahrnehmen und festhalten, wie sie in einem KNA-Interview sagte: „Das muss nicht über ein klassisches Tagebuch erfolgen. Manche Leute haben drei Bohnen dabei, die sie von einer Hosentasche in die andere wandern lassen, wenn sie etwas Schönes erleben. Andere haben WhatsApp-Gruppen, in denen gute Momente geteilt werden, oder hängen entsprechende Post-Its für die Familie oder Mitbewohner an die Küchenwand.“

Von Paula Konersmann (KNA)