Der Caritasverband Gladbeck gründet das Inklusionsunternehmen Grünwelt Gladbeck gGmbH. Menschen mit und ohne Behinderung arbeiten hier Seite an Seite – und müssen sich auf dem Markt beweisen.
Gladbeck. Seit 50 Jahren bietet der Caritasverband Gladbeck Menschen mit einer geistigen oder körperlichen Behinderung eine Beschäftigung in ihren Werkstätten. „Die Mitarbeiter sind jedoch keine Arbeitnehmer – vielmehr ist die Arbeit eine Leistung der Eingliederungshilfe“, erklärt Stefan Mühlenbeck, der bei der Caritas die Abteilung Beratung und Teilhabe leitet. „Schon seit Jahrzehnten spielen wir deshalb mit dem Gedanken, ein Inklusionsunternehmen zu gründen, dass diesen Menschen eine Chance auf dem ersten Arbeitsmarkt eröffnet.“ Jetzt geht der Verband diesen Schritt und gründet am 1. Januar 2023 den Garten- und Landschaftsbaubetrieb Grünwelt Gladbeck gGmbH.
Das besondere an dem Unternehmen, das eine 100-prozentige Tochter des Gladbecker Caritasverbandes ist: Anders als in den Werkstätten arbeiten hier Menschen mit und ohne Behinderung zusammen. „Das Unternehmen erhält außerdem keine Subventionen und öffentlichen Mittel, sondern muss sich von Beginn an auf dem Markt beweisen“, berichtet Mühlenbeck. „Es muss seine Aufträge und Kunden einwerben, um Geld zu verdienen.“ Eine Anschubfinanzierung um unter anderem Maschinen anzuschaffen, erhält das Unternehmen von der Aktion Mensch, der Stiftung Wohlfahrtspflege und dem Land NRW.
Caritas holt Unternehmer mit ins Boot
Ganz bei null fängt die Grünwelt Gladbeck jedoch nicht an: Als Partner hat die Caritas den Unternehmer Sebastian Goste mit ins Boot geholt. Goste führt seit 18 Jahren seinen eigenen Garten- und Landschaftsbetrieb in Gladbeck. „Zum 1. Januar wird dieser aufgelöst und in die Grünwelt Gladbeck überführt“, berichtet Goste.
Beide Partner kannten sich schon zuvor: „Mitarbeiter unserer Werkstätten haben bereits im Betrieb von Sebastian Goste Praktika absolviert“, erklärt Stefan Mühlenbeck. „Der Kontakt zu ihm ist durch Bernd Beckmann entstanden, der die Gruppe Garten- und Landschaftsbau leitet.“ Goste habe drei Kinder. „Zwei davon sind gehörlos geboren“, erklärt er. „Auch sie sollen einmal auf dem ersten Arbeitsmarkt Fuß fassen.“
Unternehmen startet mit „vollen Auftragsbüchern“
Nun wird Sebastian Goste Geschäftsführer und Betriebsleiter der gGmbH. Sechs Mitarbeiter und „volle Auftragsbücher“ bringt der Garten- und Landschaftsbauer in den neuen Betrieb mit ein. „Vier weitere Stellen wollen wir mit Menschen mit einer anerkannten Schwerbehinderung besetzen“, ergänzt Caritas-Vorstand Rainer Knubben. Das könnten Mitarbeiter der Werkstatt sein, die die Anforderungen erfüllen. „Dem ein oder anderen werden wir diese Möglichkeit anbieten“, berichtet Knubben. „Sollten sie es nicht schaffen, können sie jederzeit in die Werkstatt zurückkehren.“ Ferner führe der Verband zurzeit Gespräche mit der Agentur für Arbeit und dem Jobcenter.
Auch wenn sich der neue Betrieb auf dem Markt beweisen müsse: „Wir werden einen Gang runter schalten“, sagt Goste. „Leistungsspitzen werden wird herausnehmen, um so den Druck für unsere Mitarbeiter mit Behinderung zu reduzieren.“ Ferner gelte es, Abläufe anzupassen. „Wir müssen schauen, was der Mitarbeiter gut kann, um ihm dementsprechende Aufgaben zu geben“, ergänzt Rainer Knubben. „Aus unserer Arbeit in den Werkstätten wissen wir, dass manchmal auch Hilfsmittel nützlich sein können.“ Das könnten ganz banale Dinge sein: „Wer keinen Zollstock lesen kann, dem hilft schon eine Markierung auf einer Holzlatte, um ein 50 Zentimeter großes Loch auszuheben.“ Trotz aller Herausforderungen: „Die Qualität unserer Arbeit soll gleich bleiben“, erklärt Sebastian Goste.
Partner zuversichtlich, dass Vorhaben gelingt
Zurzeit würden seine bestehenden Mitarbeit im Umgang mit ihren künftigen Arbeitskollegen geschult. Der Gladbecker Caritasrat hat der Neugründung bereits im September zugestimmt. Am vergangenen Freitag haben Rainer Knubben und Sebastian Goste den Gründungsvertrag unterschrieben. Die Partner zeigen sich zuversichtlich, dass das Vorhaben gelingt: „Sebastian Goste bringt 18 Jahre Erfahrung mit“, erklärt Stefan Mühlenbeck. „Kunden wird es außerdem zunehmend wichtig, ein gemeinnütziges Unternehmen zu unterstützen, das eine sinnstiftende Aufgabe erfüllt.“ Das bestätigt Sebastian Goste: „Als meine Kunden von dem Vorhaben erfuhren, waren sie durchweg begeistert – und wollen uns die Treue halten.“