Der Tübinger Arbeitsrechtler Hermann Reichold hat das neue Arbeitsrecht der katholischen Kirche gewürdigt.
Bonn – Der Tübinger Arbeitsrechtler Hermann Reichold hat das neue Arbeitsrecht der katholischen Kirche gewürdigt. Es handele sich um eine 180-Grad-Wende im Bereich der Diskriminierungen, sagte er am Mittwoch im Interview des Internetportals katholisch.de
Zur Kritik aus der katholischen Queer-Community, die neuen Regeln gingen nicht weit genug, sagte Reichold, die neue Grundordnung für die Beschäftigten von Kirche und Caritas enthalte ein klares Bekenntnis zum Diskriminierungsverbot des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes, von dem auch das Geschlecht, die sexuelle Orientierung und Lebensformen erfasst seien. Damit gelte eins zu eins das, was auch im weltlichen Arbeitsrecht gilt.
Auch die Regelungen zu einer kirchenfeindlichen Betätigung als Kündigungsgrund verteidigte der an der Universität Tübingen lehrende Professor. Damit unterscheide sich die Kirche nicht wesentlich von den Wertmaßstäben, die in anderen Tendenzbetrieben wie etwa Presseverlagen gelten. „Tendenzbetriebe müssen in der Öffentlichkeit glaubwürdig für ihre Position einstehen können, und deshalb dürfen sie ihre Beschäftigten auch auf entsprechende Loyalität verpflichten.“
„Unschärfen“ sieht Reichold noch mit Blick auf den Tatbestand der „Propagierung von Abtreibung“ als Grund für Sanktionen. „Ich bin aber überzeugt davon, dass das bloße Äußern strittiger Meinungen noch keine Propagierung im Sinne der Norm sein kann.“ Es komme auch auf die Öffentlichkeit und die Tonalität der Äußerung an. „Ich gehe davon aus, dass die Grundordnung nicht das Ziel hat, innerkirchliche Debatten zu sanktionieren, was sich auch in der Auslegung niederschlagen muss.“
Reichold ist Leiter der Tübinger Forschungsstelle für kirchliches Arbeitsrecht. Die katholischen deutschen Bischöfe hatten kürzlich eine Reform des kirchlichen Arbeitsrechts beschlossen. Der Entwurf sieht unter anderem vor, dass Menschen, die bei der katholischen Kirche arbeiten und in zweiter Ehe oder in einer homosexuellen Partnerschaft leben, nicht mehr mit einer Kündigung rechnen müssen.