Warum die Iren zum Birgitta-Tag Kartoffeln pflanzen

Irlands Nationalheilige Brigida/Birgitta bezog ihre Kraft aus der keltischen Mythologie; und überzeugte auch in der Eifel: Als es dem Vieh dort allzu schlecht ging, wurde der heilige Maternus gegen die Irin ausgetauscht.

Im katholischen Irland wird die heilige Brigida (oder Birgitta) von Kildare hochverehrt – fast so sehr wie ihr Taufvater, der heilige Patrick. Vor genau 1.500 Jahren soll die Äbtissin gestorben sein, quasi im Bischofsrang. An ihrem Gedenktag, dem 1. Februar, werden in Teilen Irlands und Schottlands die ersten Saatkartoffeln ausgebracht. Denn mit Birgitta, so ist man dort überzeugt, hat der Winter schon in seiner Mitte ausgespielt.

Ob und wie historisch Brigida als Person gewesen ist, darüber streiten die Gelehrten. Allzu sehr ist die Überlieferung überformt mit Elementen sowohl aus der keltischen Mythologie wie auch aus dem Kanon christlicher Heiligenlegenden. Eine starke These ist, dass die Elemente ihrer Stärken als christliche Heilige eine Übernahme und damit Überführung der heidnischen Göttin Brigid gewesen sei.

Nehmen wir also an, Brigida sei tatsächlich um 450 im heutigen Faughart bei Dundalk geboren und Tochter eines irischen Adligen und dessen christlicher Frau gewesen – oder aber einer christlichen Sklavin. Berichtet wird von eigenartigen Geistesgaben Brigidas, die keltische Druiden veranlasst haben sollen, sich des Kindes und seiner Bildung anzunehmen. Als junges Mädchen habe sie einen ausgeprägt mildtätigen Zug entwickelt, sei gut zu Mensch und Tier gewesen.

Dem Wunsch des Vaters, das hübsche Kind zu verheiraten, entzog sie sich mit der Drohung, dann die Güter ihres Gatten ausnahmslos den Armen zu verschenken. Nach der Taufe durch den heiligen Patrick tat sie sich laut Überlieferung mit Gleichgesinnten zusammen und gründete um 470 das Doppelkloster Cill Dara (“Kirche an der Eiche”; heute Kildare). Ihm stand sie selbst als Äbtissin vor und ernannte auch den Abt des Männerklosters; symbolisiert bis heute durch ihren Bischofsstab.

Rund 350 Jahre nach ihrem Tod 523 wurden Brigidas Reliquien vor den Normannen von Kildare nach Downpatrick in Sicherheit gebracht und neben den heiligen Patrick und Kolumban beigesetzt. So wurden die “drei Patrone Irlannds” im Jahr 878 zusammengeführt. Schwer zu deuten: Noch über Jahrhunderte soll in Kildare ein ewiges Feuer gehütet worden sein; zur Verehrung der heiligen Brigida – oder der keltischen Göttin Brigid? 1220 dann verbot der Bischof dieses “Brigidenfeuer”, da es Anlass zu Aberglauben gegeben habe.

Sei es, wie es sei: Auch der Äbtissin Brigida sollen Wasser und Feuer gehorcht, Ernten gelungen und auch sonst alles ziemlich gut von der Hand gegangen sein. Als Schutzheilige des lieben Viehs und als “Maria Hibernorum” (Muttergottes der Iren) wurde sie hoch verehrt.

Eine interessante Translation ihrer Verehrung fand in Richtung Eifel statt. Auch dafür gibt es mehrere Erklärungsansätze. Die bis heute stark agrarisch geprägte Gegend war einst keltisch besiedelt. Vielfach nachgewiesen ist hier ein Matronenkult zur Verehrung gütiger Bauern- und Fruchtbarkeitsgöttinnen. Realistischer aber als ein Fort- oder Wiederaufleben heidnischer Kulte nach weit über 1.000 Jahren erscheint eine Verbreitung über internationale Handelswege.

Brigida-Reliquien kamen auch auf das Festland; nach Skandinavien, Frankreich und in den deutschsprachigen Raum – die Schädelkalotte bis ins Jesuitenkloster von Lissabon. Am wichtigen Handelsplatz Köln, nicht fern der Eifel, gab es in der Rheinvorstadt eine mittelalterliche Pfarrkirche Sankt Brigiden – mit der Schutzheiligen aus Kildare.

Unmittelbar an die Benediktinerabtei Groß Sankt Martin angrenzend, wurde Sankt Brigiden als Folge der Französischen Revolution im Jahr 1802 auf Abbruch versteigert; Groß Sankt Martin übernahm die Funktion als Pfarrkirche. Dort gibt es im südlichen Seitenschiff bis heute eine Brigidenkapelle mit einer barocken Statue der irischen Äbtissin und mit einem Mosaikrest, der die biblischen “sieben fetten Kühe” zeigt.

In gleich mehreren Eifeldörfern – schon seit 927 übrigens auch im heutigen Wiesbaden-Bierstadt – gibt es bis heute Kapellen oder gar Pfarrkirchen, die der heiligen Brigida gewidmet sind. Teils schon an frühneuzeitliche Überlieferungen anknüpfend, ist eine Häufung am Ende des 19. Jahrhunderts auffällig: in Holzem bei Effelsberg, in Eicherscheid bei Bad Münstereifel oder in Kronenburgerhütte an der Kyll bei Dahlem.

Damals herrschte in der Eifel eine Viehseuche. In Holzem muss der Schock so groß gewesen sein, dass die Kapelle für den bisherigen Schutzheiligen Maternus abgerissen und durch eine Brigida-Kapelle ersetzt wurde. Noch ältere Eifeler Verehrungsstätten sind die Pfarrkirchen von Kall-Keldenich und Hellenthal-Blumenthal. Auch in Borr – heute Stadtteil von Erftstadt – wird Brigida als Schutzpatronin der Stalltiere verehrt. Dargestellt wird sie häufig mit Kuh, Ochse, Lamm oder Federvieh.

Die heutigen Vornamen Brigitte und Birgit leiten sich übrigens entweder von Brigida von Kildare ab oder von der heiligen Birgitta von Schweden (1303-1373) – die freilich ihrerseits nach der irischen Brigida benannt ist.

Am christlichen Brigida-Gedenktag, dem 1. Februar – der den alten Feiertag für die keltische Muttergöttin Brigid übernimmt -, werden teils bis heute Brot, Wasser und Salz als Symbole des Lebens gesegnet, in vielen irischen Kindergärten und Schulen aus Stroh oder Schilf Brigids-Kreuze als Sonnensymbole geflochten. Obwohl inzwischen aus dem offiziellen Heiligenkalender entfernt, bildet der Brigida-Tag gemeinsam mit Mariä Lichtmess (2. Februar) eine symbolisch starke Bastion im dunklen Mittwinter.

Von Alexander Brüggemann (KNA)