Theologe Tück wünscht sich positivere Sicht auf das Kreuz

Der Theologe Jan-Heiner Tück hat zu einer positiveren kulturellen Sicht auf das christliche Kreuz angeregt.
Theologe Tück wünscht sich positivere Sicht auf das Kreuz

Jan-Heiner Tück (Foto: © Institut für Dogmatik 2017)

Der Theologe Jan-Heiner Tück hat zu einer positiveren kulturellen Sicht auf das christliche Kreuz angeregt. Dieser „scheinbar äußerst verstörenden Szene der Passion“ wohne ein tieferer Sinn inne, der auch abseits von Religion gesellschaftliche Relevanz habe, sagte der Dogmatiker am Freitag im Deutschlandfunk.

Wenn das Kreuz als Symbol aus der Öffentlichkeit zunehmend verschwinde, verschwinde damit auch „eine öffentliche Erinnerung an das Leiden“ oder den Tod, die heutzutage häufig verdrängt würden, mahnte Tück. Aus der Erinnerung an Passion und Leid Christi erwachse aber gleichzeitig „ein Impuls, Widerstand zu leisten gegen leidverursachende Mechanismen“.

Zudem rege das Kreuz zu einer selbstkritischen Besinnung an und befördere eine Kultur der Vergebung. Jesus habe am Kreuz für seine Peinigern um Vergebung gebeten; das ist nach Worten des Theologen „eine wahnsinnige Botschaft, den Mechanismus von Gewalt und Gegengewalt zu durchbrechen“.

Generell gebe es viele Gründe, warum „das Unbehagen am Kreuz in der Gesellschaft wächst“, so Tück. Zum einen habe sich die religiöse Landschaft in Deutschland zu Gunsten einer „bunteren Weltanschauung“ verändert. Zum anderen hätten Christen im interreligiösen Kontext „mit den Augen der anderen zu sehen gelernt“. Für Juden etwa sei das Kreuz mit „antijudaistischen Hypotheken belastet“, betonte rder Theologe. „Das heißt, das Kreuz als christliches Symbol kann nicht mehr ohne Weiteres auf allgemeine Akzeptanz stoßen.“

Dennoch müsse es etwa im Bildungsbereich die Möglichkeit für jeden Einzelnen geben, seine Religiosität ausleben zu können, etwa in eigenen Räumen, die Kreuze an der Wand haben dürften, erklärte Tück. Eine Kreuz-Verordnung wie in Bayern sehe er hingegen als „politische Instrumentalisierung“, die er nicht gutheiße. „Das scheint mir eine übergriffige Angelegenheit zu sein.“

Die CSU-geführte bayerische Landesregierung hatte 2018 ein Gesetz erlassen, wonach im Eingangsbereich jeder staatlichen Behörde gut sichtbar ein Kreuz anzubringen sei. Auch in staatlichen Schulen dürfen – anders als in anderen Bundesländern – Kreuze in den Klassenzimmern hängen, sofern niemand ihre Entfernung verlangt. Wenn eine Religion durch solche Beschlüsse privilegiert werde, könne es „zu Verstörungen innerhalb der Gesellschaft kommen“, warnte der Dogmatiker, der jüngst ein neues Buch über „die Anstößigkeit des Kreuzes“ veröffentlicht hat.