Heimlich und im Verborgenen müssen nicaraguanische Katholiken das Osterfest begehen. Die traditionellen Prozessionen sind von der sandinistischen Regierung verboten worden.
Managua – Christlich, solidarisch, sozialistisch“ – so hat sich die sandinistische Regierung Daniel Ortegas in Nicaragua lange Zeit genannt. Mit dem 2018 gestorbenen Kardinal Miguel Obando Bravo, der für Ortega sogar Wahlkampf machte, verstand sich der Staatschef am Ende blendend. Doch seit dem Tod des einflussreichen Geistlichen ist das Band mit der Kirche und der Bischofskonferenz zerschnitten. Vermittlungsversuche der katholischen Kirche inmitten der schweren innenpolitischen Krise, die das Land seit Jahren erschüttert, blieben erfolglos. Inzwischen sind die Katholiken selbst Ziel der politischen Verfolgung geworden.
„Lange Zeit war die Kirche in Nicaragua Hoffnungsträger bei der Suche nach einer Lösung des Konflikts. Für viele war sie der einzige mögliche Mediator für den Dialog zwischen Opposition und Regime“, sagt Elisabeth Maigler Kluesserath, Projektleiterin Zentralamerika der FDP-nahen Friedrich-Naumann-Stiftung. Zuletzt aber habe sich die Regierung von Präsident Ortega jeglichem Dialog verschlossen, sagte die Expertin der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).
„Nach der Verhaftungswelle unter den wichtigsten Oppositionspolitikern 2021 folgte kurz darauf die Repression gegen Bischöfe und Priester„, berichtet Maigler Kluesserath weiter. Die Kirchenvertreter hätten – wie auch andere Oppositionelle – Kritik am sandinistischen Vorgehen geäußert. In unwürdigen Scheingerichtsverfahren seien Haftstrafen verhängt worden, die auf erfundenen Delikten basierten und in denen Menschenrechte sowie rechtsstaatliche Prinzipien verletzt worden seien.
Wie die aktuelle Regierung vorgeht, wird auch über die Ostertage deutlich. Die traditionellen Kreuzwegs-Prozessionen an Karfreitag, in Lateinamerika besonders populär und stark frequentiert, sind verboten. Die polizeiliche Anordnung erfolgte, nachdem Staatschef Ortega Geistliche, Bischöfe und Kardinäle öffentlich als „Mafia“ bezeichnet hatte. Zugelassen sind allenfalls Versammlungen in den Innenräumen der Kirchen, nicht aber auf den Straßen.
Das Nicaraguanische Menschenrechts-Zentrum kritisierte in den sozialen Netzwerken, dass „das Verbot der Prozessionen in der Karwoche in Nicaragua eine eklatante Verletzung der Gewissens- und Religionsfreiheit sowie des Rechts auf freie Meinungsäußerung darstelle.“ In diesem Jahr werde die Karwoche ohne Prozessionen auf nationaler Ebene unvollständig sein, denn das Volk fehle.
Berta Valle, Menschenrechtsaktivistin und Ehefrau des lange inhaftierten und inzwischen ausgebürgerten Ex-Präsidentschaftskandidaten Felix Maradiaga, sagte der KNA: „Die katholische Kirche war eine Institution, die Menschenrechtsverletzungen offen anprangerte und sich für das nicaraguanische Volk einsetzte.“ Das Regime versuche nun, alle kritischen Stimmen zum Schweigen zu bringen und auch die letzten verbliebenen Freiräume abzuschaffen, so Valle, die inzwischen im Exil in Miami lebt.
Seit der zunehmenden Repression gegen Kirchenvertreter sind Dutzende Geistliche aus Nicaragua geflohen, andere wurden wie Bischof Rolando Alvarez von Matagalpa wegen Landesverrats zu jahrelanger Haft verurteilt. Weil Papst Franziskus in einem Interview vor einigen Wochen das Regime in Nicaragua mit früheren kommunistischen Diktaturen und dem Nationalsozialismus verglich, brach Managua die diplomatischen Beziehungen zum Vatikan ab. Der Nuntius hat inzwischen das Land verlassen, die Botschaft wurde geschlossen. Der Bannstrahl der Machthaber traf auch die Caritas und Hunderte weitere Hilfsorganisationen. Ihnen wurde die rechtliche Grundlage für ihre Arbeit entzogen. Leidtragende sind die Ärmsten der Armen im Land.