Marx: Menschen wollen selber denken

Religionen tun sich nach den Worten des Münchner Kardinals Reinhard Marx in Gesellschaften umso schwerer, je gebildeter, freier und pluralistischer diese sind.
Marx: Menschen wollen selber denken

Kardinal Reinhard Marx –Foto: Erzbischöfliches Ordinariat München (EOM) / Lennart Preiss

Religionen tun sich nach den Worten des Münchner Kardinals Reinhard Marx in Gesellschaften umso schwerer, je gebildeter, freier und pluralistischer diese sind. „Besonders schwer wird es, wenn sie alles vorschreiben und genau sagen wollen, wie Gott aussieht, was er denkt und was er will“, sagte Marx der „Nürnberger Zeitung“ (Donnerstag). Die Menschen wollten selbst denken und eigene Fragen stellen. Eine Organisation von Religion erscheine ihnen befremdlicher als früher. Die zentrale Herausforderung für die Kirche sei die Frage, wie man heute einladend und neugierig machend von Gott reden könne.

Die katholische Kirche muss nach Ansicht von Marx weltweit schauen, wie sie in die Zukunft geht: „Bis jetzt sehe ich lediglich ein demografisches Wachstum. Wie jedoch kann es uns gelingen, Menschen wieder für den Glauben zu gewinnen?“ Was derzeit zu erleben sei, sei keine typisch deutsche Debatte. Die Frage, wie heute von Gott zu reden sei, stelle sich in allen Religionen. Die katholische Kirche habe als Weltkirche eine große Chance, aber sie lebe vor Ort, in den Ortskirchen. Da werde der Glaube erfahrbar. Die Kulissen der Renaissance reichten nicht aus, um Menschen vom Glauben zu überzeugen, erklärte der Kardinal.

Zugleich räumte der Erzbischof von München und Freising ein, dass auch er kein Patentrezept gegen den Bedeutungsverlust von Religion habe. „Wir können natürlich nicht mehr predigen, dass in die Hölle kommt, wer nicht in die Kirche geht. So funktioniert Religion nicht mehr, gut so.“ Letztlich gehe es darum, ob die Wirklichkeit Gottes und der Weg Jesu etwas Positives für das eigene Leben bedeute. Denn: „Das ‚Projekt‘ des Mannes aus Nazareth ist größer als wir und die Kirche. Und ich werde weiter daran mitarbeiten.“

kna