Der Paritätische Wohlfahrtsverband hat zu mehr Solidarität mit armen Menschen aufgerufen.
Berlin – Der Paritätische Wohlfahrtsverband hat zu mehr Solidarität mit armen Menschen aufgerufen. Es gebe seit drei Jahren einen Dauerkrisenmodus, sagte der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes, Ulrich Schneider, beim Aktionskongress “Armut? Abschaffen!” am Donnerstag in Berlin. Deutschland sei zu viel mehr Solidarität fähig, als es derzeit politisch zeige. Um die Forderungen an die Politik nachhaltiger zu artikulieren, müssten sich Verbände und Organisationen besser vernetzen “mit Druck und Pfiffigkeit”, sagte Schneider.
Die Corona-Krise und die steigenden Lebensmittelpreise in der Folge des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine trafen nach Einschätzung Schneiders vor allem Menschen, die ohnehin wenig Einkommen hatten und sozial benachteiligt waren. So hätten in der Corona-Zeit Tafeln, Sozialkaufhäuser und Übernachtungseinrichtungen für Obdachlose schließen müssen. Die Entlastungspakete hätten vor allem Menschen erreicht, die erwerbstätig seien oder durch hohe Energieverbräuche am meisten von den Preisbremsen profitierten. Jeder fünfte sei durch Einkommensarmut betroffen und hier nicht gut oder gar nicht erreicht worden, so Schneider.
Laut aktuellen Zahlen des Armutsberichts, den der Paritätische erstellt hat, leben über 14 Millionen Menschen in Deutschland in Armut. Jedes fünfte Kind sei armutsgefährdet. Als armutsgefährdet gilt nach EU-Definition, wer weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens der Gesamtbevölkerung hat. Für eine allein lebende Person in Deutschland sind das derzeit etwa 15.000 Euro im Jahr, für eine Familie mit zwei Kindern etwa 31.500 Euro.
Der zweitägige digitale Kongress des Paritätischen geht am Freitag zu Ende. Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) will den Angaben zufolge dann zum Thema “Die Kindergrundsicherung und die Bekämpfung von Kinderarmut” sprechen.
Seit Wochen gibt es einen Dissens in der Ampel-Koalition über die Finanzierung der Kindergrundsicherung, die das bisherige Kindergeld ablösen soll. Ziel ist es demnach, Kinder und Jugendliche aus einkommensschwachen Familien finanziell besser abzusichern. Dazu sollen bisherige Leistungen gebündelt werden und die Beantragung digital möglich sein. Paus will nach der Sommerpause einen Gesetzentwurf vorlegen. Eine Auszahlung sei ab 2025 geplant.