Der katholische Flüchtlingsbischof Stefan Heße blickt ambivalent auf die Ergebnisse des Flüchtlingsgipfels von Bund und Ländern.
Dresden – Der katholische Flüchtlingsbischof Stefan Heße blickt ambivalent auf die Ergebnisse des Flüchtlingsgipfels von Bund und Ländern. „Ich glaube, da ist Bewegung reingekommen“, sagte der Hamburger Erzbischof am Donnerstag im Podcast „Mit Herz und Haltung“ der Katholischen Akademie des Bistums Dresden-Meißen.
Heße: Abschiebung nur „eine ultima ratio“
Es sei „natürlich immer noch Luft nach oben“, aber er sei zunächst einmal erleichtert, dass der Gipfel nicht im Desaster geendet sei, sondern mit einem Schritt nach vorne. „Auch wenn man kritisch sehen muss, dass ein starker Fokus dieser Vereinbarungen auf Ausweisung, Abschiebehaft und Abschiebegewahrsam liegt.“
Es gebe bestimmte Bedingungen für Abschiebung und die müssten eingehalten werden: „Das darf nie zulasten der Menschenwürde gehen.“ Abschiebung sei „eine ultima ratio und sicher nicht das probate Medium, um die großen Herausforderungen, vor denen wir stehen, zu lösen“, sagte der Flüchtlingsbischof der Deutschen Bischofskonferenz. Er warnte vor einem restriktiveren Asylrecht: „Die Einschränkung von Grundrechten löst keine Probleme, sondern führt zu einer Verschärfung der ganzen Situation.“ Eine Obergrenze für Flüchtlinge in Deutschland dürfe es nicht geben: „Das wäre unmenschlich“, betonte Heße. „Flüchtlingsschutz ist keine Spielerei und kein Luxusgut, sondern es gehört zum Kernbestand eines Gemeinwesens, das sich den Menschenrechten verpflichtet weiß.“
Aufnahme von Geflüchteten ethisch und völkerrechtlich geboten
Weiter mahnte der Erzbischof: „Je mehr Bund und Länder über Kosten streiten, umso mehr entsteht ja der falsche Eindruck, dass die Aufgabe kaum zu bewältigen wäre.“ Er verwies darauf, dass in den vergangenen Jahren in Deutschland sehr viel bei der Aufnahme und Integration von Geflüchteten geleistet worden und gelungen sei. „Das sollte man nicht kleinreden.“ Entsprechend sei eine polarisierende Debatte bei dem Thema nicht redlich. Es brauche stattdessen Nüchternheit.
Die Aufnahme von Geflüchteten sei eine ethisch und völkerrechtlich gebotene Aufgabe und dürfe in einem reichen Land wie Deutschland keinesfalls an Finanzfragen scheitern, betonte Heße. Auf der anderen Seite müsse man die Fremdenfeindlichkeit und damit verbundenen Ängste, die in Umfragen immer wieder zutage träten, ernst nehmen und nach den Ursachen fragen: „Aber es muss auch klar sein: Wir dürfen nicht irgendwelchen Populisten das Feld überlassen, sondern müssen als Kirche klar Position beziehen zum Wohle der Menschen.“
Kommunen enttäuscht von Ergebnissen des Flüchtlingsgipfels
Die Kommunen haben enttäuscht auf die Ergebnisse des Flüchtlingsgipfels von Bund und Ländern reagiert. „Nein, ich bin nicht zufrieden“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebunds, Gerd Landsberg, am Donnerstag im ARD-Morgenmagazin. Zwar sei beschlossen worden, in diesem Jahr eine Milliarde Euro zusätzlich für Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen zu zahlen. „Aber was ist nächstes Jahr?“, gab Landsberg zu bedenken. Zudem sei weiter unklar, ob es eine konkrete Begrenzung der Zuwanderung geben werde. Warum über solch wichtige Fragen erst zum Jahresende entschieden werden solle, verstehe er nicht. „Die Fakten liegen auf dem Tisch.“ Und die Kommunen benötigten dringend Planungssicherheit.
Eine sowohl von Ländern und Kommunen geforderte Grundsatzentscheidung über dauerhaft höhere Bundesmittel für die Flüchtlingskosten war am Mittwochabend vertagt worden. Laut dem Beschluss soll sie nun im November fallen. Landkreistagspräsident Reinhard Sager äußerte ebenfalls sein Missfallen über dieses Vorgehen. „Mit einer Vertagung drängender Probleme können die Landkreise nicht wirklich zufrieden sein“, sagte er den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.
Für Kritik sorgten am Donnerstag auch die von Bund und Ländern geplanten Verschärfungen der Asylregeln. Überlegungen etwa zu einer Überprüfung von Schutzsuchenden bereits an den EU-Außengrenzen bezeichnete die Organisation Pro Asyl als „menschenrechtliches Desaster“.
Der Grünen-Vorsitzende Omid Nouripour verwies in diesem Zusammenhang auf notwendige parlamentarische Verfahren, die noch gar nicht begonnen hätten. „Wir werden sicher nicht zulassen, dass das Grundrecht auf Asyl ausgehebelt wird“, versicherte der Politiker. Bei den Vereinbarungen des Flüchtlingsgipfels handele es sich größtenteils nur um „vage Formulierungen“.