Der britische Astrophysiker Martin Rees hat den Einsatz von Papst Franziskus für Klima und Umwelt gewürdigt.
München – Der britische Astrophysiker Martin Rees hat den Einsatz von Papst Franziskus für Klima und Umwelt gewürdigt. Franziskus habe „entscheidend zum Zustandekommen des Pariser Klimavertrags“ im Jahr 2015 beigetragen, sagte Rees der „Süddeutschen Zeitung“ (Wochenende). Ein halbes Jahr vor dem Abkommen war die Umwelt-Enzyklika Laudato si erschienen; darin mahnt Franziskus zum Erhalt der Schöpfung.
Das Wissen und die Möglichkeiten für ein gutes und sicheres Leben auf der Erde seien vorhanden, fügte Rees hinzu. „Aber die Kluft zwischen der Welt, wie sie ist, und der Welt, wie sie sein könnte, wird eher größer als kleiner.“ Insofern stehe die Menschheit vor der Aufgabe, „eine von wenigen Menschen verursachte Katastrophe zu verhindern“.
Der 81-Jährige forscht am „Centre for the Study of Existential Risk“ der Universität Cambridge zu Zukunftsthemen. Er halte es für sehr unwahrscheinlich, dass die gesamte Menschheit durch ein einzelnes Ereignis ausgelöscht werde. „Für wahrscheinlicher halte ich einen holprigen Ritt durch dieses Jahrhundert aufgrund verschiedener Rückschläge, etwa durch die Eskalation politischer Auseinandersetzungen.“ Beispiele dafür seien der Krieg in der Ukraine, aber auch die Abhängigkeit von komplexen System wie Künstlicher Intelligenz.
Katastrophenforscher unterschieden zwischen zwei Arten von Katastrophen, erklärte Rees: „Diejenigen, die plötzlich eintreten – etwa die Freisetzung eines gefährlichen Krankheitserregers oder die Eskalation eines Krieges. Bei diesen plötzlichen Katastrophen kann man kaum vorhersagen, wie wahrscheinlich sie sind und wann sie eintreten. Die andere Kategorie sind Dinge wie katastrophale Folgen des Klimawandels, die zwar langsam eintreten, aber sehr wahrscheinlich sind, falls die CO2-Emissionen nicht sinken.“
Mit der zweiten Kategorie könne die Gesellschaft schlechter umgehen, mahnte der Experte. Sowohl Politik als auch Öffentlichkeit neigten dazu, kurzfristig zu denken. „Wir müssen deshalb dafür sorge, dass früh genug Maßnahmen ergriffen werden.“ Sinnvoll sei etwa, den Ländern des globalen Südens einen Einstieg in saubere Energie zu ermöglichen. Man könne es niemandem verübeln, dass existenzielle Risiken bisweilen ausgeblendet würden; „trotzdem sollte man das nicht tun.“
Im Mittelalter hätten die Menschen zwar geglaubt, dass die Welt bald untergehen werde, sagte Rees. Dennoch hätten sie Kathedralen gebaut, die erst Jahrzehnte später fertig sein würden. „Sie dachten langfristig, während wir das heute nicht mehr tun, obwohl unser Horizont viel weiter ist.“ Die Menschen seien damals davon ausgegangen, dass ihre Kinder und Enkel in einer ähnlichen Welt leben würden wie sie selbst – und dass sie die fertige Kathedrale schätzen würden. „Heute sind wir nicht mehr so sicher, was die Vorlieben der Menschen betrifft, die zwei Generationen nach uns leben. Dadurch wird es schwieriger, zuverlässig zu planen und diese Art von ‚Kathedralen-Mentalität‘ zu entwickeln.“