Der Berliner evangelische Bischof Christian Stäblein hat das Recht auf eine Einzelfallprüfung von Asylanträgen verteidigt.
Berlin – Der Berliner evangelische Bischof Christian Stäblein hat das Recht auf eine Einzelfallprüfung von Asylanträgen verteidigt. Es sei ein unveräußerliches Menschenrecht, erklärte der Beauftragte für Flüchtlingsfragen der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) am Mittwoch in Berlin zum 40. Jahrestag des ersten Kirchenasyls für Flüchtlinge in Deutschland. Zugleich wandte er sich „gegen alle aktuellen Versuche, dieses Individualrecht auszuhöhlen“. So hatte Ex-SPD-Chef Sigmar Gabriel das bestehende Asylrecht kritisiert und eine Reform der Flüchtlingspolitik gefordert.
Ältester Schutzraum für Menschen
Stäblein verteidigte die Kirchengemeinden, die von Abschiebung bedrohte Menschen in Härtefällen in ihren Räumen aufnehmen, um eine sachgerechte staatliche Prüfung ihrer Fälle zu ermöglichen. „Gotteshäuser sind ältester Schutzraum für Menschen, die auf der Flucht sind und um ihr Leben ringen“, betonte der Bischof. „Eine Kirche, die nicht mehr für die einzelnen Menschen in Not und auf der Suche nach Schutz da wäre, würde ihren Auftrag verfehlen und Gottes Geist verlieren.“
Nach Angaben der 1994 gegründeten Ökumenischen Bundesarbeitsgemeinschaft (BAG) Asyl in der Kirche sind bundesweit derzeit 431 Fälle von Kirchenasyl mit 655 Personen, davon 136 Kinder, bekannt. Demnach wurden 235 Fälle in diesem Jahr beendet. Allein in Berlin und Brandenburg gibt es derzeit 87 Fälle von Kirchenasyl mit 118 Personen, davon 22 Kinder.
40 Jahr Kirchenasyl
Bei einer Tagung zum 40-jährigen Bestehen des Kirchenasyls sagte die BAG-Vorsitzende Dietlind Jochims, die Kirchenasyl-Bewegung verstehe sich nicht als „Reparaturbetrieb eines kaputten Systems“. Sie fordere vielmehr „eine Flüchtlingspolitik, die die Menschenrechte achtet“.
Die bis Donnerstag dauernde Tagung findet in der Heilig-Kreuz-Kirche in Berlin-Kreuzberg statt. Deren damaliger Pfarrer Jürgen Quandt hatte 1983 erstmals in Deutschland ein Kirchenasyl gewährt, als er eine palästinensische Familie aufnahm, die in den Libanon abgeschoben werden sollte. Es sei ein „ungeplantes Ereignis mit enormen Auswirkungen“ gewesen, sagte Quandt bei der Tagung. So hätten die Kirchenasyle dazu beigetragen, dass es später Abschiebestopps und Altfallregelungen für geflüchtete Menschen gegeben habe.