Opferanwalt Eberhard Luetjohann wirft staatlichen Instanzen vor, sie hätten eine zentrale Verantwortung im Zusammenhang mit Missbrauchsdelikten auch im Raum der katholischen Kirche.
Köln – Opferanwalt Eberhard Luetjohann wirft staatlichen Instanzen vor, sie hätten eine zentrale Verantwortung im Zusammenhang mit Missbrauchsdelikten auch im Raum der katholischen Kirche. „Die Justizminister haben mit großer Wahrscheinlichkeit die weisungsgebundenen Staatsanwaltschaften angewiesen, Verfahren einzustellen oder zu verzögern“, sagte er der Kölnischen Rundschau: „Staatsanwälte haben Strafvereitelung im Amt begangen.“ Aus seiner Sicht sei der Staat der Hauptschuldige.
Als Beispiel nannte er den Fall des inzwischen aus dem Priesterstand entlassenen ehemaligen Pfarrers U., dessen frühere Pflegetochter er bei einer Klage gegen das Erzbistum Köln vertritt: „Im Fall U. haben Nichten des Pfarrers als Opfer ausgesagt, dann haben die Nichten die Anzeige unter Druck zurückgezogen. Und die Staatsanwaltschaft stellt die Ermittlungen ein! Als ob sexueller Missbrauch kein Offizialdelikt wäre, dem sie nachgehen müsste.“
In dem konkreten Fall geht es um eine Amtshaftungsklage gegen das Erzbistum. Luetjohann, der für seine Mandantin 850.000 Euro verlangt, verwies darauf, dass ihr Fall bei der gleichen Kammer des Kölner Landgerichts liege, die in einem ersten Schmerzensgeldprozess „so falsch geurteilt“ habe.
Das Gericht hatte in diesem viel beachteten Prozess dem von Luetjohann vertretenen Missbrauchsbetroffenen Georg Menne 300.000 Euro zugesprochen, war damit aber weit hinter der Forderung des Klägers zurückgeblieben. Der Anwalt zog im Interview einen Vergleich zum Prozess des Komikers Oliver Pocher gegen einen Rapper: „50.000 für den geohrfeigten Herrn Pocher. 300.000 für Herrn Menne, der eine Serie von Vergewaltigungen erlitten hat! Können Sie sich eine schlimmere Verletzung der Persönlichkeitsrechte vorstellen?“
Luetjohann sagte weiter, er erwarte, dass eine „anständige“ Entschädigung der Opfer allein die katholische Kirche bundesweit 2,5 Milliarden Euro kosten würde. Über die Unabhängige Kommission für Anerkennungsleistungen (UKA) gezahlt worden seien bisher 41 Millionen: „Die Alternative wäre, dass die Kirche nichts tut. Dann gibt es eine Austrittswelle. Dann kann der Küster nur noch den Kölner Dom zusperren.“