Brasiliens Indigene erringen historischen Sieg vor Gericht

Brasiliens Oberstes Gericht hat mit deutlicher Mehrheit die von der Agrarlobby angestrebte Beschränkung indigenen Landes abgelehnt.

Rio Tapajos, Bundesstaat Pará, Brasilien; Foto: Florian Kopp / Misereor

Brasiliens Oberstes Gericht hat mit deutlicher Mehrheit die von der Agrarlobby angestrebte Beschränkung indigenen Landes abgelehnt. Das berichteten örtliche Medien am Donnerstagabend (Ortszeit). Die Agrarindustrie scheiterte damit in einem jahrelangen Rechtsstreit, um das in der Verfassung verbürgte Recht der indigenen Völker auf Landzuteilungen einzuschränken. Lediglich die zwei von dem früheren Präsidenten Jair Messias Bolsonaro ernannten Richter stimmten dafür, neun dagegen.

In der Verfassung von 1988 wird den Indigenen ihr traditionelles Land zugesprochen. Allerdings wurde seit über zehn Jahren juristisch darüber gestritten, ob ihnen nur die Territorien zugesprochen werden dürfen, die sie bei Inkrafttreten der Verfassung auch tatsächlich besiedelten. Durch diese Stichtagsregelung hätten die Indigenen sämtliche Rechte auf Gebiete verloren, die ihnen vor 1988 geraubt wurden. So waren während der Diktatur (1964-85) Zehntausende von Indigenen zwangsumgesiedelt und ihr Land von Farmern besetzt worden.

Theoretisch dürfte es nun für Indigene leichter werden, ihre Gebiete zurückzubekommen. Laut Verfassung hätte dies bis 1993 geschehen sollen. Doch immer wieder verzögerten Klagen von illegal auf den Gebieten aktive Farmern die Landvergabe. Ex-Präsident Bolsonaro (2019-2022) hatte die Anerkennung der Indigenenrechte stets bekämpft.

Indigenenverbände feierten den historischen Sieg vor der höchsten Instanz. Gleichzeitig warnten sie vor erneuten Rückschritten. So hatten einzelne Richter Entschädigungen für illegal auf Indigenenland wirtschaftende Landwirte ins Spiel gebracht, sofern sie das Land „in gutem Glauben“ erworben hätten. Demnächst soll hierüber vor dem Gericht beraten werden. Die Indigenen sehen die Entschädigung jedoch als eine Belohnung für illegale Aktivitäten, die zu erneuten illegalen Landnahmen ermuntern könnte.

Brasiliens Indigene erheben Anspruch auf rund 1.400 Gebiete. In über 60 Prozent der Fälle ist der juristische Prozess immer noch nicht abgeschlossen. In Brasilien leben laut dem Zensus von 2022 rund 1,7 Millionen Indigene, etwa 0,8 Prozent der Bevölkerung. Rund die Hälfte davon lebt in der Amazonasregion. Nachdem unter dem Rechtsaußen Bolsonaro keine Indigenengebiete zugeteilt wurden, hat der seit Januar regierende Linke Luiz Inacio Lula da Silva bereits acht neue Indigenengebiete anerkannt.

kna