Theologe: Papst lässt Raum für Debatte, aber bleibt vage

Der katholische Theologe Jan-Heiner Tück geht davon aus, dass Papst Franziskus bei der bevorstehenden Weltsynode im Vatikan eine breite Debatte über Reformen in der Kirche zulassen wird.
Papst Franziskus hat am Mittwoch erneut zur Einheit in der Liturgie gemahnt. „Lassen wir die Streitereien hinter uns“, so der Papst.

Papst Franziskus. –Foto: © Jorge Silva | Dreamstime.com

Der katholische Theologe Jan-Heiner Tück geht davon aus, dass Papst Franziskus bei der bevorstehenden Weltsynode im Vatikan eine breite Debatte über Reformen in der Kirche zulassen wird. „Was manche als Wankelmütigkeit bemängeln, kann gezielte Strategie sein, Gesprächsprozesse anzustoßen“, schreibt der Professor am Institut für Systematische Theologie der Wiener Katholisch-Theologischen Fakultät in der „Neuen Zürcher Zeitung“ (Dienstag online).

Allerdings deute der Papst zuweilen Zugeständnisse an, drücke sich dann aber vor Entscheidungen, kritisiert Tück. Der Synodale Prozess, also das gemeinsame Beraten über die weitere Entwicklung der Kirche, der das wichtigste Vermächtnis von Franziskus bleiben dürfte, sei ein Großereignis mit offenem Ausgang.

Die päpstliche „Wankelmütigkeit“ macht der Theologe etwa an den Themen Frauenpriestertum und Segnung gleichgeschlechtlicher Paare fest. So fördere Franziskus einerseits die weibliche Präsenz in der Kirche, indem er im Vatikan Spitzenposten mit Frauen besetze oder weibliche Mitglieder in die Bischofssynode berufe. Zugleich bejahe er die lehramtliche Punktsetzung, die Johannes Paul II. mit dem Verbot der Weihe von Frauen vorgenommen habe.

Ähnlich doppelgleisig fahre Franziskus im Umgang mit gleichgeschlechtlichen und LGBTQ-Personen. Die „päpstlichen Charmeoffensiven“ weckten Erwartungen. Zugleich solle die Lehre unverändert bleiben, es gehe lediglich um eine neue pastorale Kultur.

Papst Franziskus werbe für eine Kirche der Inklusion und fördere einen synodalen Stil, ohne dass er sich selbst immer synodal verhalten würde, kritisiert Tück: „Seine Vision einer offenen Kirche hat Grenzen, wenn es um die Liebhaber der alten Messe geht, deren liturgischen Spielraum er scharf eingegrenzt hat.“ Auch die Dauer-Schelte gegen Klerikalismus sei für viele Priester nicht gerade motivierend.

Am Montag hatte der Vatikan Antworten des Papstes an fünf konservative Kardinäle veröffentlicht, die ihn zu einer Klärung von strittigen Fragen des katholischen Glaubens aufgefordert hatten, darunter auch jene nach Segnungen homosexueller Partnerschaften. Demnach lehnt der Papst solche Segnungen nicht gänzlich ab: Wer um einen Segen bitte, drücke damit eine Bitte um Hilfe von Gott aus, eine Bitte um eine bessere Lebensweise.

Tück mahnte, bei der Frage der Segnung gleichgeschlechtlicher Paare, eine „Spaltungsträchtigkeit solcher Forderungen“ zu beachten. „Was in Westeuropa auch unter Katholiken mehrheitlich begrüßt wird, ist in anderen Regionen der Weltkirche tabu.“

kna