Bischof Fürst bietet Papst Rücktritt an

Der Rottenburg-Stuttgarter Bischof hat sein Ausscheiden aus dem Amt für Anfang Dezember angekündigt. Wie sieht das Verfahren aus, nach dem die württembergischen Katholiken einen Nachfolger für Gebhard Fürst bekommen?

Der Rottenburg-Stuttgarter Bischof hat sein Ausscheiden aus dem Amt für Anfang Dezember angekündigt. Wie sieht das Verfahren aus, nach dem die württembergischen Katholiken einen Nachfolger für GebhardFürst bekommen?

Rottenburg. Diözese. Bischof Gebhard Fürst. 12.09.2017 / Bild: Rainer Mozer

Nach fast einem Vierteljahrhundert im Amt kam die Erklärung des württembergischen Bischofs an diesem Samstag wenig überraschend. Am 2. Dezember wird Fürst 75, und das Kirchenrecht schreibt vor, dass ein Bischof beim Erreichen dieser Altersschwelle den Rücktritt einreicht. Offenbar scheint über die Nuntiatur mit Rom abgestimmt, dass Papst Franziskus das Rücktritts-Angebot genau an diesem Tag annimmt.

In den Tagen danach tritt das Domkapitel, dem elf Geistliche angehören, zusammen und wählt einen Diözesanadministrator. Dieser Übergangsverwalter leitet das Bistum, darf aber keine grundlegenden Veränderungen vornehmen. Das bleibt Fürsts Nachfolger vorbehalten.

Möglicherweise wird einer der drei Weihbischöfe zum Diözesanadministrator bestimmt, es kann aber auch jeder andere aus dem Gremium sein. Grundsätzlich lässt sich auch keine römische Linie dazu erkennen, ob das Amt des Diözesanadministrators dessen Chancen erhöht, als Bischof das Bistum dauerhaft zu leiten.

Auch das weitere Verfahren ist in Verträgen – sogenannten Konkordaten – zwischen dem Land und dem Heiligen Stuhl geregelt und in Deutschland unterschiedlich. Für Rottenburg-Stuttgart gilt das 1932 geschlossene Badische Konkordat. Dort steht, dass das Domkapitel dem Heiligen Stuhl eine Liste „geeigneter Kandidaten“ einreicht. Auch Fürst schickte regelmäßig Listen mit ihm geeignet erscheinenden Kandidaten nach Rom.

Die Kandidatenliste des Domkapitels muss der Vatikan „würdigen“. Übersetzt heißt das, dass sich der Vatikan an den Vorschlägen orientieren oder sie schlicht ignorieren kann. Eine wichtige Rolle hinter den Kulissen spielt dabei der Vatikanbotschafter in Deutschland, der Apostolische Nuntius Erzbischof Nikola Eterovic. Am Ende muss Rom eine Liste nach Württemberg schicken, auf der drei Namen stehen. Von denen muss mindestens einer aus Württemberg stammen oder dort einmal länger gearbeitet haben.

Aber bietet die Liste ein wirkliches Wahlrecht? Dem Kölner Kardinal Josef Frings (1887-1978) wird ein Bonmot zugeschrieben, nachdem auf der Liste zwei Menschen aus anderen Kontinenten stehen und „der, der es werden soll“. Klarer konnte man schon vor Jahrzehnten Roms Desinteresse an einer wirklichen Wahlmöglichkeit nicht benennen. Sicher ist indes: Jeder Bischofskandidat ist mindestens 35 Jahre alt und seit mindestens fünf Jahren Priester.

Das Domkapitel muss aus den Kandidaten den Bischof wählen. Und übermittelt nach der Wahl dem Nuntius das Ergebnis. Von Berlin aus wird dann mit der baden-württembergischen Staatskanzlei Rücksprache genommen, ob gegen den Gewählten Bedenken allgemein-politischer Art bestehen. Früher beschäftigten sich die Landeskabinette mit dieser Frage. Da in der Folge der Name häufig durchgestochen wurde und vor der offiziellen Bekanntgabe durch den Papst die Runde machte, änderte Eterovic das Verfahren.

Nur der Regierungschef persönlich – im Falle Rottenburg also Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) – wird ins Benehmen gesetzt – und muss schweigen. Möglichst unmittelbar, meist am Tag danach, wird in Rom und Rottenburg gleichzeitig um 12 Uhr mittags das Ergebnis der Öffentlichkeit präsentiert.

Der Reformprozess der katholischen Kirche in Deutschland, der Synodale Weg, hatte sich zwar mit großer Mehrheit für eine Beteiligung der katholischen Basis an der Bischofswahl ausgesprochen. Wirklich umgesetzt werden dürfte das indes nicht. So wie in Osnabrück und Paderborn, wo ebenfalls die Bischofsstühle unbesetzt sind. Druck aus Rom schürt die Angst bei den Domkapiteln, dass ihnen ihr Wahlrecht abgenommen werden könnte.

Keine Rolle spielt im Verfahren das Rottenburger Modell, das die württembergischen Katholiken als Beispiel für mehr Mitbestimmung der Basis sehen. Diese Chancen zur Mitsprache könnte ein neuer Bischof sogar in großen Teilen außer Kraft setzen – was er vermutlich nicht macht, um nicht direkt den Zorn vieler auf sich zu ziehen. Das ganze Wahlverfahren dauert üblicherweise mehrere Monate, manchmal mehr als ein Jahr.

Von Michael Jacquemain (KNA)