Friedhöfe transportieren nach Einschätzung der Sozialhistorikerin Rita Bake auch Geschlechtergeschichte. So stehe auf Grabsteinen häufig der Name des Mannes als Familienname.
Unna/Hamburg – Friedhöfe transportieren nach Einschätzung der Sozialhistorikerin Rita Bake auch Geschlechtergeschichte. So stehe auf Grabsteinen häufig der Name des Mannes als Familienname, bei Frauen sei nur sehr selten der Beruf vermerkt, sagte Bake am Mittwochabend. Sie äußerte sich beim digitalen Salon des Kuratoriums Immaterielles Erbe Friedhofskultur.
Bake ist Gründerin des „Gartens der Frauen“ auf dem Ohlsdorfer Friedhof in Hamburg, dem größten Parkfriedhof der Welt. In dem 2001 eröffneten Garten befinden sich ihren Angaben zufolge inzwischen rund 500 Grabstellen. Dazu zählen auch historische Gräber sowie Gedenkstellen etwa für verstorbene Säuglinge und Kleinkinder von Frauen, die in der NS-Zeit Zwangsarbeit verrichten mussten. Andere Erinnerungssteine stehen auch exemplarisch für bestimmte Berufsgruppen wie Kindergärtnerinnen oder bildende Künstlerinnen.
Ziel sei eine Gleichbehandlung von Frauen, „auch auf dem Friedhof und nach dem Tod“, betonte die Expertin. Ihrer Erfahrung nach sind in Friedhofsverwaltung und bei Informationsdiensten mehr Frauen vertreten, in der Leitung jedoch Männer: „Der Friedhof spiegelt gesellschaftliche Geschlechterkonstellationen wider.“
Ein Projekt wie der „Garten der Frauen“ brauche viel Ausdauer und Vorrecherche, wenn auch historische Grabmäler erhalten werden sollten, so Bake. Historische Grabsteine stünden bisweilen unter Denkmalschutz, und sie zu erhalten, könne kostspielig sein. Wenn die Laufzeit von Gräbern abläuft, werden die Steine in der Regel geschreddert. Aber: „Aus der letzten Erinnerung an einen Menschen darf kein Straßenbelag werden“, mahnte die 71-Jährige.