In deutschen Museen und universitären Sammlungen lagern schätzungsweise mindestens 17.000 menschliche Überreste aus kolonialen Kontexten.
Berlin – In deutschen Museen und universitären Sammlungen lagern schätzungsweise mindestens 17.000 menschliche Überreste aus kolonialen Kontexten. Rund die Hälfte der ab etwa 1750 gehorteten Schädel, Gebeine und Knochenfragmente lässt sich geografisch nicht eindeutig zuordnen, wie aus den am Freitag in Berlin veröffentlichten Ergebnissen einer Umfrage hervorgeht. Die Mehrheit der zuordenbaren menschlichen Überreste stammt demnach aus Afrika und Ozeanien.
Weiter heißt es, dass rund 38 Prozent der übermittelten Zahlen summarische Angaben seien und nur einen Annäherungswert darstellten. „Die genaue Anzahl der menschlichen Überreste aus kolonialen Kontexten kann daher auch über den angegebenen Schätzungen liegen.“ Gleichwohl stünden nun erstmals Zahlen zu menschlichen Gebeinen in ausgewählten Museen und Sammlungen in Deutschland zur Verfügung. Die nun zusammengetragenen Informationen bildeten einen Beitrag zu mehr Transparenz auf diesem Gebiet und eine Grundlage beispielsweise für weitere Rückgaben von menschlichen Überresten.
Die Umfrage führte die Kontaktstelle für Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten in Deutschland im Auftrag von Bund, Ländern und den kommunalen Spitzenverbänden durch. Daran nahmen 33 Einrichtungen teil, „die relevante Bestände menschlicher Überreste in ihren Sammlungen verwahren“.
Darunter finden sich überregional bekannte Museen wie das Linden-Museum in Stuttgart oder Museen, die zur Stiftung Preußischer Kulturbesitz gehören, aber auch kleinere Einrichtungen wie das anatomische Institut der Universität Bonn. Von den 34 kontaktierten Institutionen habe lediglich das Institut für Anatomie der Universität Leipzig trotz mehrfacher Einladung nicht an der Umfrage teilgenommen.
Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) betonte: „Menschliche Gebeine aus kolonialen Kontexten gehören nicht in unsere Museen und Sammlungen.“ Zur Aufarbeitung der deutschen Kolonialgeschichte gehöre es, „einen angemessenen Umgang damit zu finden und Maßnahmen zur Rückführung in die Herkunftsländer zu entwickeln“. Das Auswärtige Amt kündigte an, auf Basis der Umfrage im Dialog mit den jeweiligen Herkunftsstaaten über den weiteren Umgang mit den Überresten zu befinden.
In 20 der 33 Einrichtungen gab es laut Umfrage bereits Rückgaben. Die Kontaktstelle für Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten in Deutschland soll künftig unter anderem auch der Frage nachgehen, wie in den Fällen zu verfahren ist, in denen eine Rückgabe nicht möglich ist, weil etwa unklar ist, woher genau die menschlichen Überreste stammen.