Weil ihr vorgeworfen wurde, mit einem Missbrauchsfall falsch umgegangen zu sein, trat Annette Kurschusim November als Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland zurück. Nun übernimmt sie eine neue Aufgabe.
Bielefeld (KNA) Die zurückgetretene Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Annette Kurschus (61), hat einen neuen Job. Sie wird ab 1. April als Pastorin und Seelsorgerin in den von Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel in Bielefeld tätig sein. Das teilten die Stiftungen und die Evangelische Kirche von Westfalen am Montag mit.
Kurschus war am 20. November als EKD-Ratsvorsitzende und als Präses der westfälischen Landeskirche zurückgetreten. Ihr wird vorgeworfen, als Gemeindepfarrerin in Siegen schon Ende der 1990er Jahre über Vorwürfe sexuellen Fehlverhaltens gegen einen Kirchenmitarbeiter informiert gewesen zu sein, diese aber nicht gemeldet zu haben. Kurschus wies die Darstellung zurück, legte aber mit Hinweis auf die öffentliche Debatte ihre Ämter nieder. Die Landeskirche hat inzwischen eine externe Untersuchung des Siegener Falls in Auftrag gegeben. Zudem läuft ein staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren.
Kurschus sei der Arbeit in Bethel schon lange sehr verbunden, hieß es. Dort habe sie auch während ihrer Zeit als Ratsvorsitzende regelmäßig gepredigt und Gottesdienste gefeiert.
Stiftungen und Kirche haben vereinbart, dass Kurschus ihre vielfältige Vortrags- und Predigttätigkeit weiterführen wird. In Bethel werde sie den Vorsitz der Ethik-Kommission Bethels übernehmen und das Haus der Stille, ein theologisches Einkehrhaus, leiten. Hinzu kämen weitere Tätigkeiten im Bereich Theologie und Seelsorge.
„In der neuen Aufgabe werde ich wieder den ursprünglichen pastoralen Dienst tun können, der mir in den großen kirchlichen Leitungsämtern oft gefehlt hat“, erklärte Kurschus laut Mitteilung. „Ich werde wieder viel unmittelbarer mit den Lebensgeschichten unterschiedlichster Menschen in Berührung sein. Darauf freue ich mich.“
Die von Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel sind nach eigenen Angaben mit mehr als 24.000 Mitarbeitern eine der größten diakonischen Einrichtungen Europas. Sie engagieren sich in vielen Bundesländern für behinderte, kranke, alte und benachteiligte Menschen.