Laut Angaben des deutschen Publizisten Franz Alt hat die Bergpredigt den früheren Präsidenten der Sowjetunion Michail Gorbatschow (1931-2022) stark beeinflusst.
Graz – Laut Angaben des deutschen Publizisten Franz Alt hat die Bergpredigt den früheren Präsidenten der Sowjetunion Michail Gorbatschow (1931-2022) stark beeinflusst. So sei der Zerfall der Sowjetunion eine direkte Reaktion auf das, was Jesus in der Bergpredigt gesagt hatte, so Alt, der Gorbatschow mehrmals traf und mit diesem auch ein gemeinsames Buch („Nie wieder Krieg!“) verfasste. So habe ihm dieser einst in einem Telefongespräch „wie hören auf (mit dem Wettrüsten, Anm.) und nehmen euch damit eure stärkste Waffe, euer Feindbild“ gesagt, erinnerte sich der 85-jährige Journalist in einem Gespräch im Rahmen der Weizer Pfingstvision, die traditionell im Monat vor dem Pfingstfest mit vielfältigen Programmpunkten aufwartet.
Der in den 80er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts in der Friedensbewegung aktive Autor stellte klar, „dass Jesus mit der Feindesliebe sicher nicht gemeint hat ‚lass dir alles bieten'“. Christus sei kein Fundamentalist, sondern Realist gewesen, zeigte sich Alt überzeugt. Jesus habe mit der Bergpredigt vielmehr aufzeigen wollen, dass die Welt nicht nur in „Schwarz und Weiß“ eingeteilt werden könne. „Sei klüger als dein Feind“, so die laut Alt zentrale Botschaft, die Jesus im Matthäusevangelium an seine Jünger richte – und die auch Gorbatschow beherzigt habe.
Deswegen sei auch der Krieg in der Ukraine aktuell nur zu beenden, „wenn einer sagt, ‚wir hören auf'“, zeigte sich der Politikwissenschaftler überzeugt. Reagan und Gorbatschow hätten gezeigt, was möglich sei, wenn man Vertrauen ineinander habe. Sie hätten gezeigt, dass Frieden immer möglich sei. Was damals geklappt habe, könne auch heute klappen, befand Alt.
Wenn man heute sage, Deutschland müsse wieder „kriegstüchtig“ werden, sei dies letztlich ein Rückfall in alte Zeiten, kritisierte Alt, wandte aber zugleich ein, dass das vielzitierte „Frieden schaffen ohne Waffen“ der Friedensbewegung heute nur noch bedingt anwendbar sei. „Putin ist Diktator und Militarist, der die Ukraine gnadenlos überfallen hat und Menschen umbringen lässt“, was „weiß Gott keine gute Position für Frieden“ sei, sagte der Journalist.
Auch könne man den Hilferuf der Ukraine nicht einfach ungehört verstreichen lassen, so Alt, der für die Lieferung von Abwehrwaffen an die Ukraine plädierte. Zwischen diesen und Angriffswaffen gelte es „klug zu unterscheiden“. Derzeit finde wieder ein atomares Wettrüsten statt, sagte Alt, der zudem für eine neue, „realistische Friedensbewegung“ eintrat.
Die „Weizer Pfingstvision“ entstand aus einer Gebetserfahrung von zwölf jungen Weizern im Jahr 1988. Bekannt wurde sie vor allem durch jährliche Pfingsttreffen, das erstmals 1989 stattfand. Dabei werden spirituelle mit gesellschaftspolitischen, aber auch kulturellen Impulsen verknüpft, erst recht, seit 2001 aus dem Pfingsttreffen das „Weizer Pfingstereignis“ mit mehreren Veranstaltungen wurde. Die lose Bewegung hat mittlerweile Strahlkraft weit über die Oststeiermark hinaus erlangt.