Der Präventions- und Schutzexperte Hans Zollner fordert mehr Inklusion von Menschen mit Behinderung in der katholischen Kirche.
Rom – Der Präventions- und Schutzexperte Hans Zollner fordert mehr Inklusion von Menschen mit Behinderung in der katholischen Kirche. Bis heute würden in Teilen der Welt – vor allem in Afrika, Lateinamerika und Asien – Überlegungen zur Inklusion nicht ernsthaft angestellt, so der Psychologe und Jesuit im Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) am Freitag in Rom. Dabei spiele auch die jeweilige Kultur eine Rolle. “Bis heute ist in manchen Gegenden eine Behinderung ein schamprovozierendes Zeichen, negativ behaftet oder wird als eine Strafe Gottes angesehen”, erklärte der Leiter des Instituts zum Schutz vor Missbrauch (IADC), das an der Päpstlichen Universität Gregoriana angesiedelt ist.
Seine Einrichtung hatte von Mittwoch bis Freitag die “International Safeguarding Conference” in Rom organisiert. Schwerpunkt der Beratungen von knapp 250 Fachleuten aus 55 Ländern war in diesem Jahr der Schutz von Menschen mit Behinderung.
“In unseren Breiten, auch in der Kirche, reden wir von Inklusion”, so Zollner, der in diesem Zusammenhang auf die Worte von Papst Franziskus verwies. Dieser hatte kürzlich gefordert, nicht über Menschen mit Behinderung als von “denen” oder den “anderen” zu sprechen; denn alle seien Mitglieder derselben Kirche, derselben Gesellschaft.
“De facto findet das aber zu wenig oder gar nicht statt”, kritisierte Zollner. Beispielsweise gebe es in weiten Teilen der Welt kaum Gebärdendolmetscher, die taubstumme Menschen einbeziehen könnten in Gottesdienste oder andere Aktivitäten. Gleiches gelte für Zugänge zu kirchlichen Räumlichkeiten, die für Menschen mit körperlichen Behinderungen nicht zu bewältigen seien. Dies sei auch eine Frage von Ressourcen, denn all dies koste Geld.
Aber es gehe darum, alle Menschen mit ihrer Diversität und mit ihren jeweiligen Bedürfnissen zu integrieren, erklärte Zollner. Denn jeder sei an bestimmten Punkten seines Lebens bedürftig und darauf angewiesen, dass sich jemand seiner annimmt. Deshalb gehe es nicht um die Unterscheidung Menschen “mit Behinderung” oder “ohne Behinderung”, sondern um die Frage: “Wann bedarfst Du welcher Sorge, Unterstützung, und wie kann dann die Gesamtgesellschaft – in unserem Sinn die Kirche, die Pfarrei, die Schule oder andere Institutionen, Dir die notwendige Unterstützung anbieten?”