Ein Vortrag mit Folgen

rudi-skizze_6h4uh04vDas war ein Tag: Eigentlich wollte ich nur für einen ehemals Obdachlosen, der schon lange im Wohnheim lebte und nun raus musste, bei der Wohnungseinrichtung helfen.Es fehlten Kleinigkeiten. Also mal kurz in facebook „gepostet“, einen Aufruf veröffentlicht und schon kamen viele Angebote. So viele, dass ich noch einigen Flüchtlingsfamilien in Essen helfen konnte. So fuhr ich mit meinem Patensohn los, um einzusammeln. Es war noch mehr als erwartet, und es zog sich hin, wurde spät.

Endlich zu Hause, klopfte es an der Wohnungstür. Die Nachbarin rief aufgeregt: „Der Pastor hat angerufen, er wartet auf Sie!“. Ich war völlig perplex, hatte keinen Termin im Kopf oder im Kalender. „Und er wartet nicht allein, sondern noch dreißig andere warten auch, die Kolpingfamilie in Steele“, so die Nachbarin weiter. Ich war fassungslos, bin aber so, wie ich war, in Arbeitsklamotten, dorthin gefahren, nicht weit von mir. Es gab Applaus zur Begrüßung, wohl, weil ich überhaupt kam. Ein kurzes Gespräch mit dem Pastor klärte: Ich hatte den Termin nicht sofort eingetragen, er wollte mich noch mal informieren und hatte es auch vergessen. Das  kann passieren, wir sind beide in Rente…

Dann musste ich, ohne Skript, völlig frei erzählen. Zum Glück war es das Thema, dass ich erhoffte: Flüchtlinge aus Syrien und dem Nahen Osten, dort und hier. Betroffenheit bei den Zuhörern, besonders bei der Schilderung von Einzelfällen, aber auch bei der Situation hier in Essen. Es fehlen Helfer, Lotsen, Begleiter für die erste Zeit. Die Betreuung durch die staatlichen Stellen ist nicht ausreichend, schleppend. Die Menschen, die kommen, viele traumatisiert, erschöpft, entnervt , kommen nicht klar, fühlen sich allein gelassen. Der Saal schwieg betroffen.

Ich wollte ein wenig aufheitern und meinte, dass ich kein schlechtes Gewissen machen wollte, dafür wäre der Pastor da, aber besser wäre, zu überlegen, ob man was tun kann, auch ohne große Sprachkenntnisse. Und erzählte auch, warum ich so spät kam, weil ich gerade dies getan hätte. Nach der Diskussion kamen sieben Kolpingschwestern und -brüder  zu mir, sie wollten helfen. Ich habe sie erst einmal an die Gemeindecaritas verwiesen, weil ich wusste, dass die schon anpackt und viele Hilfesuchende durch die Paketaktion kennt. Aber ich glaube, dass es noch ein Potential gibt von Menschen, die dann, wenn sie wissen für wen und warum, auch kurzfristig bereit sind, zu helfen. Und dass ist gut so, denn wenn man auf organisierte Hilfe wartet, wartet man oft lange und manchmal vergebens.
Rudi Löffelsend