Papst vereinfacht Ehenichtigkeitsprozesse

Papst Franziskus hat das Verfahren zur Prüfung der Gültigkeit von Ehen erheblich vereinfacht. Das Urteil in den sogenannten Ehenichtigkeitsprozessen soll nach einem am Dienstag veröffentlichten Erlass unter bestimmten Bedingungen bereits binnen einiger Wochen durch den Ortsbischof gefällt werden.

Papst Franziskus (Archivfoto: dreamstime)

Außerdem muss die Entscheidung künftig nicht mehr von einer zweiten gerichtlichen Instanz bestätigt werden. Dadurch dürfte sich die Dauer der Verfahren auch in deutschen Bistümern deutlich verkürzen. Hierzulande werden bislang etwa zwei Jahre für einen Ehenichtigkeitsprozess veranschlagt. Künftig soll die Maximaldauer nur noch ein Jahr betragen, wie der Präsident des Päpstlichen Rates für Gesetzestexte, Kardinal Francesco Coccopalmerio, am Dienstag im Vatikan erklärte.

Nach dem katholischen Kirchenrecht kann eine Eheschließung bei Vorliegen bestimmter Gründe für nichtig erklärt werden. Dazu zählen Formfehler wie beispielsweise das Fehlen von Trauzeugen. Meist werden jedoch sogenannte Willensmängel oder Erkenntnismängel geltend gemacht, etwa wenn ein Partner von vorneherein Kinder ausschließt. In einem Ehenichtigkeitsprozess geht es um die amtliche Feststellung, ob eine Ehe je bestanden hat. Es handelt sich nicht um eine katholische Scheidung, also die Auflösung einer bestehenden Ehe.

Mit dieser Reform des Kirchenrechts wolle er jenen Katholiken entgegenkommen, die sich aufgrund physischer oder moralischer Distanz zu oft von den juristischen Strukturen der Kirche abgewendet haben, heißt es in dem päpstlichen Erlass. Die Barmherzigkeit erfordere es, schreibt Franziskus weiter, dass die Kirche diesen Menschen, die sich von ihr getrennt fühlten, nahe sei. Geschiedene, deren Ehe annulliert wird, dürfen nach dem Kirchenrecht eine zweite Verbindung eingehen. In der Debatte über den kirchlichen Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen, die derzeit vom Kommunionempfang ausgeschlossen sind, wird die Eheannullierung von Verteidigern der bisherigen Praxis daher häufig als möglicher Ausweg genannt.

Der Papst betont in seinem Schreiben zugleich, dass er mit seiner Reform nicht die Nichtigkeitserklärung von Ehen fördern, sondern lediglich die Prozessdauer verkürzen wolle. Die Gläubigen sollten nicht zu lange im Ungewissen über den Ausgang des Prozesses bleiben. Er sei sich durchaus des Risikos bewusst, dass die verkürzten Prozesse auch das Prinzip der Unauflöslichkeit der Ehe infrage stellen könnten, so Franziskus weiter. Um dem entgegenzuwirken, habe er für diese besonders verkürzten Verfahren einen Bischof anstelle eines Richters vorgesehen.

Eine weitere wesentliche Neuerung der Reform ist, dass künftig ein einziger Richter einen Ehenichtigkeitsprozess führen kann, statt dem bislang vorgeschriebenen Gremium aus drei Richtern. Der 16 Seiten umfassende Erlass des Papstes trägt den lateinischen Titel Mitis Iudex Dominus Iesus (Der gütige Richter Jesus). Für die katholischen Ostkirchen hat Franziskus in einem eigenen Erlass eine entsprechende Reform angeordnet.

Nach jüngsten vatikanischen Angaben wurden 2013 weltweit rund 47.150 Ehen für nichtig erklärt – bei insgesamt 71.800 abgeschlossenen Verfahren. Davon entfielen mit 24.600 mehr als die Hälfte der annullierten Ehen auf die USA. In Deutschland waren es in diesem Zeitraum 740. Der Zeitpunkt der Reform, zwei Wochen vor Eröffnung der Bischofssynode über Ehe und Familie im Vatikan, überraschte viele Beobachter, da die Ehenichtigkeitsprozesse auch auf der Tagesordnung der Bischofsversammlung stehen.

(kna)