„Die Ungeduld in der Kirche wächst“ – Tag der Diakonin

Der Trierer Pastoraltheologe Martin Lörsch spricht sich für die Einführung des Diakonats der Frau aus. Die katholische Kirche erreiche „viele Gesellschaftsschichten nicht mehr, weil sie die Frauen in diesen Milieus nicht mehr erreicht“, sagte Lörsch in Bochum.

Der Trierer Pastoraltheologe Martin Lörsch spricht sich für die Einführung des Diakonats der Frau aus. Die katholische Kirche erreiche „viele Gesellschaftsschichten nicht mehr, weil sie die Frauen in diesen Milieus nicht mehr erreicht“, sagte Lörsch in Bochum. Vor allem Frauen, die mit einem schweren Schicksal oder Grenzerfahrungen wie Trauer, Angst, Armut und Einsamkeit konfrontiert seien, machten oft die Erfahrung, „dass die Kirche sie nicht wahrnimmt oder in diesen Situationen und Orten sprachlos ist“. Auch an solchen Stellen könnte ein Diakonat der Frau der Kirche neue Wege erschließen, diese Zielgruppen und diese Orte erreichen.Der Trierer Pastoraltheologe Martin Lörsch spricht sich für die Einführung des Diakonats der Frau aus. Die katholische Kirche erreiche "viele Gesellschaftsschichten nicht mehr, weil sie die Frauen in diesen Milieus nicht mehr erreicht", sagte Lörsch in Bochum.

Lörsch ist seit 1979 Priester und seit 2010 Professor für Pastoraltheologie an der Universität Trier. Er sprach am Sonntag bei der zentralen Veranstaltung zum bundesweiten „Tag der Diakonin“ in Bochum. Das diesjährige Motto lautete „Die Zeit zum Handeln ist jetzt!“.

Die kfd hatte bereits im Vorfeld die Notwendigkeit geweihter Diakoninnen hervorgehoben. Gerade in aktuellen und zukünftigen Gemeinden vor Ort sei dies ein wichtiger Schritt. Gleiche Würde und Gleichberechtigung von Frauen und Männern müssten endlich auch in der Katholischen Kirche Wirklichkeit werden.

In allen deutschen Bistümern seien pastorale Entwicklungsprozesse mit schmerzhaften Einschnitten und Verlusten zu erkennen, so die vier Veranstalter Katholischer Deutscher Frauenbund (KDFB), Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd), Netzwerk Diakonat der Frau und das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK). Diese Veränderungen erforderten neue Wege der Evangeliumsverkündigung sowie moderne Modelle von Gemeindeleitung und -leben.

Veranstaltungsort der zentralen Veranstaltung, die am Gedenktag der heiligen Katharina von Siena begangen wird, war diesmal im Bistum Essen: In St. Maria Magdalena in Wattenscheid-Höntrop fanden sich rund 200 vorwiegend weibliche Teilnehmer ein, um dem lang gehegten Wunsch wieder einmal öffentlich Ausdruck zu verleihen.

Während es bei der Gemeinschaft der Altkatholiken ständige Diakoninnen und sogar Priesterinnen gibt, sind Frauen in der römisch-katholischen Kirche nach wie vor von diesen Weihen ausgeschlossen. Wie Irmentraud Kobusch vom Netzwerk Diakonat der Frau hervorhob, sei die Weihe von Frauen zu Diakoninnen schon jetzt möglich, „auch wenn manche das immer noch anders sehen“. Bereits das Zweite Vatikanische Konzil (1962- 1965) habe durch ein erneuertes Verständnis des kirchlichen Amtes die Tür dafür geöffnet. „Diese Erkenntnisse sollten endlich anerkannt und umgesetzt werden“, forderte Kobusch in Höntrop.

In der Würzburger Synode hatte man sich 1975 für den Diakonat der Frau ausgesprochen. Doch den Worten folgten keine Taten. Papst Franziskus hat 2017 eine Kommission einberufen, die sich mit dem Frauendiakonat beschäftigen soll. Die Ergebnisse werden mit Spannung erwartet.

„Die Ungeduld in der Kirche wächst“, betonte Brigitte Vielhaus, Leiterin der Abteilung Theologie und Kirche beim kfd-Bundesverband, die das Treffen moderierte. Dass die Frauen über Jahrzehnte in der Sache einen langen Atem bewiesen haben, stellte Stephanie Schulze vom Essener Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) heraus. „Als ich fünf Jahre alt war, gab es zum ersten Mal diese Veranstaltung“, sagte die 25-Jährige in der Gesprächsrunde. Als Trauerbegleiterin und Sozialpädagogin ist die Diözesanvorsitzende in der Kirche aktiv. Wie viele andere Frauen, die sich ehrenamtlich viele Stunden in Gemeinden engagieren, sich um Senioren, Kranke oder Bedürftige kümmern und ihren Glauben lebendig praktizieren, würde auch sie gern zur Diakonin geweiht werden dürfen.

Vor 50 Jahren wurden die ersten Männer zu Ständigen Diakonen geweiht. Karin Kortmann, Vizepräsidentin des ZdK, machte auf die fortbestehende Ungleichbehandlung aufmerksam: „Es ist schade, dass die vielfältigen Gaben und Talente des Kirchenvolks immer noch ungleich gewürdigt werden. Die Zulassung von Frauen zu Diakoninnen ist keine theologische Fundamentalfrage, sondern wird machtpolitisch beantwortet.“

Viele Jahre habe man nur „unter der Decke arbeiten können“, erinnerte die stellvertretende kfd-Bundesvorsitzende, Professorin Dr. Agnes Wuckelt, in der Eingangsrunde an den Beginn der Bewegung. Theologinnen sei sogar Redeverbot erteilt worden. Dass Bischof Overbeck den Frauen gutes Gelingen gewünscht habe, unterstrich KDFB-Präsidentin Dr. Maria Flachsbarth.

Hoffnungsvoller Ausblick

Einen hoffnungsvollen Ausblick auf die Zukunft mit Frauen als Diakoninnen zeichnete im Lörsch in seinem Vortrag „Die Zeit zum Handeln ist jetzt!“ Der Trierer Pastoraltheologe begrüßt die Forderung. Sollte die Kommission in Rom zu einem positiven Entscheid beim Frauendiakonat gelangen, könne er sich vorstellen, dass die Weihe „ad experimentum“ in einigen Ortskirchen erlaubt würde. Für Professorin Dr. Wuckelt ist der Diakonat der Frau nicht zuletzt eine Frage der Glaubwürdigkeit: „Frauen bringen einen eigenständigen Beitrag in das Leben der Kirche ein: Ihr Handeln ist für die Glaubwürdigkeit einer diakonischen Kirche unverzichtbar.“

Im Mittelpunkt des anschließenden Gottesdienstes stand das Gleichnis vom Wachsen der Saat im Markus-Evangelium (Mk 4, 26-29). Was die Diakonatsweihe für Frauen betrifft, wird schon fleißig „gesät“. Seit 1998 wird einmal jährlich der „Tag der Diakonin“ gefeiert: Hier wurden Wachstumsimpulse regelmäßig erneuert und bekräftigt. „Warte nicht auf eine spätere, gelegenere Zeit, denn du bist nicht sicher, dass du sie haben wirst. Die Zeit entschwindet dir unvermerkt. Mancher hat sich noch Hoffnung auf ein längeres Leben gemacht, da kam der Tod. Darum versäumt, wer klug ist, keine Zeit!“, lautet ein Ausspruch der heiligen Katharina.

In diesem Sinne möchten die Frauenverbände ihre Forderungen mutig umsetzen. Auf dem Katholikentag in Münster soll der Kampf um die Gleichberechtigung weiter gehen.

Asgard Dierichs