Berlin – Am Wochenende führte die evangelische Landeskirche Sachsen ihren neuen Bischof ein. Bei dem Gottesdienst konnten nur wenige Menschen teilnehmen – in Zeiten der Pandemie wäre auch das vor wenigen Tagen nicht möglich gewesen. Und Sachsen gehört bislang zu den wenigen Bundesländern, wo öffentliche Gottesdienste – unter strengen Auflagen – überhaupt stattfinden können. Auch, was das Zulassen öffentlicher Gottesdienste angeht, ist Deutschland dieser Tage ein Flickenteppich.
Am Montag hat das Corona-Kabinett einen Rahmenplan beraten, der Kriterien für Gottesdienste auflistet. Er ist Grundlage für die Bund-Länder-Konferenz am Donnerstag. Es handelt sich dabei aber nur Empfehlungen, die Entscheidung liegt bei den Ländern. Bei allen Überlegungen spielte auch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 11. April eine wichtige Rolle: Es hatte betont, das Verbot öffentlicher Gottesdienste stelle eine schwere Beeinträchtigung des Grundrechts auf Religionsfreiheit dar. Und es hatte eine regelmäßige Überprüfung der Verhältnismäßigkeit dieser Maßnahme angemahnt.
Regional begrenzte Konzepte
Das Corona-Kabinett hatte die Bundesländer aufgefordert, Schutzkonzepte vorzulegen, und die Religionsgemeinschaften lieferten: 16 Schutzkonzepte legten sie in der vergangenen Woche vor. Dazu gehören Empfehlungen der Religionsgemeinschaften auf Bundesebene, die die Deutsche Bischofskonferenz, die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) und der Zentralrat der Juden in Deutschland dem für Religionsgemeinschaften zuständigen Bundesinnenministerium erstellten, aber auch Vereinbarungen einzelner Bistümer wie etwa das Konzept des Bistums Dresden-Meißen oder der Landeskirche Bayerns.
Diese regional begrenzten Konzepte sind Indiz dafür, dass es in den Regionen schon Vereinbarungen mit den Bundesländern gibt: Besonders vorgeprescht sind dabei die Länder im Osten der Republik, wo prozentual die wenigsten Christen leben. Je nach Land wurden wieder Versammlungen in Gotteshäusern mit 15 (Sachsen), 30 (Thüringen) oder sogar 50 (Berlin/Brandenburg) Teilnehmern zugelassen oder angekündigt.
Nur 100 Gläubige im Kölner Dom erlaubt
In Rheinland-Pfalz und dem Saarland sprechen kirchliche Kreise und Landespolitiker von einem Neustart Anfang Mai – sofern bis dahin die Schutzkonzepte behördliche Zustimmung finden. Nordrhein-Westfalen hat den 1. Mai im Blick. Der größte Gottesdienst könnte dann im Kölner Dom stattfinden. Da aber die Kirchenbänke regulär nur Platz für 800 Menschen bieten, werden sich selbst im Kölner Dom wohl kaum mehr als 100 Gläubige versammeln dürfen. Bayern hat ebenfalls den 4. Mai angepeilt.
Etwas vorsichtiger tasten sich die übrigen Länder an die Rückkehr der Gemeinschaftsgottesdienste heran. Von Schleswig-Holstein über Niedersachsen und Hessen rechnen die Vertreter von evangelischer und katholischer Kirche frühestens am 10. Mai wieder mit öffentlichen Sonntagsgottesdiensten.
Zurückhaltung in Magdeburg und Freiburg
In der katholischen Kirche verhalten sich das Bistum Magdeburg und das Erzbistum Freiburg sehr zurückhaltend. So hält der katholische Magdeburger Bischof Gerhard Feige die wieder erlaubten Gottesdienste unter den gegebenen Bedingungen für ausgrenzend. „Nur eine geringe Zahl von Gläubigen wird nach bestimmten Kriterien zugelassen. Nicht die Kranken und Schwachen dürfen kommen, sondern nur die Starken und Gesunden“, sagte er im Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) am Montag in Magdeburg. Er frage sich, ob es sich bei den Lockerungen nicht um einen Pyrrhussieg handele. Und: „Was staatlich nun unter restriktiven Bedingungen ermöglicht wird, muss kirchlicherseits nicht unbedingt Jubel auslösen und wirklich dem Heil dienen“, so der Bischof.
Der Freiburger Erzbischof Stephan Burger ruft in einer Videobotschaft vom Wochenende dazu auf, zwischen Religionsfreiheit und Risiken abzuwägen „Kurz und knapp könnte man sagen, hier tut sich eine Spannung auf zwischen der freien, im Grundgesetz garantierten Religionsausübung und der Verantwortung von Staat und Kirche, angemessen auf eine Bedrohung, die jetzt durch das Coronavirus entstanden ist, zu reagieren“, so Burger.