München. Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, fordert eine Rücknahme der verschärften Regeln für Kirchenasyl. „Wir bitten das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, zu der ursprünglichen Frist von sechs Monaten zurückzukehren“, sagte er der „Süddeutschen Zeitung“ (Dienstag). Das Amt dürfe die Fristen für die Abschiebung nicht mehr auf 18 Monate verlängern, nur weil Flüchtlinge in einer Kirche Schutz vor Abschiebung suchten.
Bedford-Strohm verwies auf ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom Juni, demzufolge nicht als „flüchtig“ gilt, wer in einer Kirche Schutz vor Abschiebung sucht. Dennoch habe das Bundesamt die Praxis nicht geändert. Viele Gemeinden meldeten, dass Kirchenasyl kaum mehr möglich sei und Helfer an ihre Grenzen stießen, so der bayerische Landesbischof. Das Bundesamt erklärte laut der Zeitung, derzeit prüfe man, welcher Handlungsbedarf sich aus dem Leipziger Urteil für den Bund ergeben.
Minister weichen von Vereinbarung mit Kirchen ab
Die weitaus meisten Kirchenasyle in Deutschland zielen darauf ab, dass das Verfahren in der Bundesrepublik durchgeführt wird, also eine Abschiebung in andere EU-Staaten wie Italien oder Griechenland abgewendet wird. Daher dauerten sie bislang höchstens ein halbes Jahr. 2018 jedoch entschied die deutsche Innenministerkonferenz, die sogenannte Überstellungsfrist bis auf 18 Monate auszudehnen. Flüchtlinge im Kirchenasyl waren demnach als „flüchtig“ zu betrachten. Mit dieser Linie wichen die Minister von einer mit den Kirchen 2015 getroffenen Vereinbarung ab.
Die Zahl der Kirchenasyle ist zuletzt gesunken. Zum 11. August meldete die Bundesarbeitsgemeinschaft Kirchenasyl 354 Fälle. Betroffen waren demnach 543 Personen, davon 117 Kinder. Zugleich führen immer weniger Fälle zu einem regelrechten Asylverfahren: 2019 wurde laut „Spiegel“ für 14 der damals 464 im Kirchenasyl befindlichen Personen ein Asylverfahren aufgenommen.