Berlin – Die Sicherheitsbehörden in Deutschland müssen derzeit nach Einschätzung von Verfassungsschutzchef Thomas Haldenwang „sehr wachsam“ sein. Nach mehreren islamistischen Terroranschlägen in den vergangenen Wochen müsse man „einen sehr scharfen Blick auf die uns bekannten Gefährder werfen, denn es gibt sicherlich den oder die ein oder andere, die über Nachahmungstaten nachdenkt“, sagte der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz dem ARD-Hauptstadtstudio (Mittwochabend).
Dabei habe sich die Gefährdungslage nach seiner Einschätzung nicht verändert. „Ich habe in den vergangenen Jahren immer gesagt, die Gefährdungssituation durch den islamistischen Terrorismus ist unverändert hoch – wir müssen jeden Tag auch in Deutschland mit einem islamistischen Anschlag rechnen“, sagte Haldenwang.
Hauptauslöser für die jüngsten islamistisch motivierten Anschläge ist demnach die neuerliche Diskussion um die Mohammed-Karikaturen in Frankreich. Das Thema habe „die Emotionen der Islamisten sehr stark hochkochen lassen“, so Haldenwang. „Wir nehmen wahr, dass auch in Deutschland die Szene sehr intensiv über diese Ereignisse diskutiert und Solidarität zeigt mit den französischen Glaubensbrüdern und -schwestern.“
Haldnewand: Propaganda reiche aus, damit sich radikalisierte Einzeltäter zum IS zu bekennen
Bei islamistischen Anschlägen wurden in den vergangenen Wochen ein Lehrer in einem Pariser Vorort enthauptet, in Nizza wurden in einer Kirche drei Menschen mit einem Messer getötet, in Dresden fiel ein Mann einer Messerattacke zum Opfer. Am Montagabend schoss ein islamistischer Attentäter in der Wiener Innenstadt auf zahlreiche Menschen, tötete vier von ihnen und verletzte über 20 Personen zum Teil schwer. Die Terrororganisation IS reklamierte die Tat für sich.
„Ob es tatsächlich Kontakte zwischen dem Täter und handelnden Personen des IS im arabischen Raum gegeben hat, das müssen die weiteren Ermittlungen zeigen“, sagte Haldenwang dem ARD-Hauptstadtstudio. Zwar bemühe sich die Terrormiliz, sich neu zu organisieren. „Ich sehe hier noch nicht ein koordiniertes Vorgehen des IS in Westeuropa, mit konkreten Planungen und Strukturen in Westeuropa“, so der Verfassungsschutzchef. Die Propaganda reiche aber schon wieder aus, um radikalisierte Einzeltäter zu Taten und dazu zu motivieren, sich zum IS zu bekennen.