Die frühere Bundesbildungsministerin Annette Schavan fordert konkrete Konsequenzen aus dem Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche.
Düsseldorf – Die frühere Bundesbildungsministerin Annette Schavan fordert konkrete Konsequenzen aus dem Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche. Nötig sei der Wille zu wirklicher Veränderung, sagte sie der „Rheinischen Post“ (Montag). „Es braucht endlich eine kirchliche Verwaltungsgerichtsbarkeit und Zeichen, dass wir Christen und unsere Kirche eine Idee für die Zukunft einer so zerbrechlichen Welt haben, wie wir es gerade erleben.“
Eine Erneuerung des Glaubens könne es nur geben, wenn „die Suchenden, die Armen und Betrogenen in den Mittelpunkt gestellt werden“, mahnte die ehemalige deutsche Botschafterin beim Vatikan. Über lange Zeit sei das Wohl der Kirche wichtiger gewesen als das Schicksal der Betroffenen. „Darin liegt eine zentrale Ursache für viele Entscheidungen, die getroffen wurden. Nun muss ein Wechsel der Perspektive gelingen.“ Für konkrete Schritte sei eine „deutliche Intensivierung der Gespräche mit Rom“ notwendig, sagte die CDU-Politikerin. „Die Kommunikation zwischen Rom und Deutschland ist, so scheint mir, momentan ziemlich schlecht.“
Schavan zeigte Verständnis für Unzufriedenheit unter Gläubigen. Sie nannte etwa die Reformbewegung Maria 2.0: Die dort organisierten Frauen seien „seit Jahrzehnten in der Kirche engagiert“. Nun reiße ihnen der Geduldsfaden, „weil die immer gleichen Themen seit Jahrzehnten besprochen werden. Das kann ich gut verstehen.“
Es sei traurig, „dass Menschen, die mitten in der Kirche stehen, an dieser Kirche verzweifeln“, fügte die frühere Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) hinzu. „Es gibt zu viele Enttäuschungen und manches, das sich ein gewöhnlicher Christ nicht hat vorstellen können.“
Im Hinblick auf den Synodalen Weg, den Reformprozess der katholischen Kirche in Deutschland, sagte Schavan, derartige Prozesse seien „lebensnotwendig für die Kirche“. Auch Papst Franziskus wolle mehr Synodalität in der Kirche. Sie sei sicher, dass sich die Kirche „von den Rändern erneuern“ werde.
Darüber hinaus zeigte sich die frühere Ministerin überzeugt, „dass die Botschaft des Christentums ein großer Schatz ist. Gerade in Zeiten der Pandemie merken wir doch, wie zerbrechlich vieles ist.“ Kein Land sei in der Lage, die großen Aufgaben der Zukunft alleine zu lösen. Die Weltkirche könne zeigen, wie eine Gemeinschaft der Vielfalt gelingen könne, so Schavan: „Ich schließe mich der allgemeinen Tristesse nicht an.“